Ein halbes Jahrhundert Einwohnerrat wurde gefeiert
Lenzburg Mit einer kleinen, aber feinen Feier auf der Bastion von Schloss Lenzburg wurde das 50-jährige Bestehen des Einwohnerrats begangen.
Am 6. Juli 1972 eröffnete der damalige Stadtammann Hans Theiler die erste Sitzung des Lenzburger Einwohnerrats und rief die Mitglieder auf: «Nun müsst ihr mehr Verantwortung übernehmen.» Regierungsrat Dieter Egli eröffnete mit dieser historischen Anekdote seine Grussbotschaft am 50-Jahr-Jubiläum des Stadtparlaments, das am Sonntag auf dem Schloss gefeiert wurde.
Genau wie die meisten Teilnehmer der Feier während des anschliessenden Apéros nutzte der Aargauer Innenminister die Gelegenheit, in seiner Rede weiter in die Geschichte des Einwohnerrats zurückzublenden. Lanciert wurde er, weil mit der Einführung des Frauenstimmrechts die Gemeindeversammlungen das damals notwendige Präsenzquorum kaum mehr erreichen konnten.
Spannungen gehören dazu
Das Übertragen der Wahrung der Mitsprache an eine Gruppe von Auserwählten habe sich auch in Lenzburg bewährt, so Egli. Man habe nun «50 Jahre geübt und damit ist das System eingespielt». Meinungsverschiedenheiten und Spannungen gehörten da dazu: «Man streitet sich, um die beste Lösung zu finden.»
Als Korrektiv steht dem Stimmvolk immer noch das Referendum zur Verfügung. Der Regierungsrat erwähnte zu Lenzburg ein Beispiel aus dem Jahr 1988, als an der Urne ein Kredit von 25000 Franken für die Anschaffung eines Geschwindigkeitsmessgeräts abgelehnt wurde. Dieser «Denkzettel» zeige, so Egli, dass «eine Regierung und der Einwohnerrat nicht allmächtig sind». Die vor 50 Jahren gewählte Lösung habe zu vielen guten Entscheiden geführt: «Der Einwohnerrat hat Lenzburg moderner, schöner und besser gemacht.»
Der aktuelle Lenzburger Einwohnerratspräsident Remo Keller, der durch die Feier führte, zeigte mit Zahlenbeispielen auf, dass Gemeindeparlamente in anderen Landesteilen viel verbreiteter sind als in der Deutschschweiz. Da gibt es Orte mit gut 450 Einwohnern, die ein 40-köpfiges Parlament bestellen müssen. Da befindet sich Lenzburg trotz zunehmenden Schwierigkeiten, genügend Kandidaten zu finden, noch in einer feudalen Lage: Nur jeder 152. Stimmberechtigte sitzt im Einwohnerrat.
Die politische Arbeit dort lohne sich auf jeden Fall, führte Festrednerin Regula Stämpfli aus. Die Historikerin und Politwissenschaftlerin sang mit «Gugus» und «Dada» ein «Hohelied»: «Es gibt kein besseres System als die Demokratie.»