«Die Bienen geben den Takt vor»
Imkerei Seit rund einem Jahr widmet sich Martin Zentner intensiv der Imkerei. Gemeinsam mit Partnerin Dominique Adam stellt er unter dem Pseudonym «Madame Adam» in Seon Honig aus der Region her. Im Frühling kommen Standorte in Lenzburg und Staufen dazu.
In der Natur und mit Tieren arbeiten, mehr mit den Händen machen – viele suchen einen Ausgleich zum bewegungsarmen Bürojob. Das Imkern bietet da eine willkommene Abwechslung. Gleichzeitig verrichtet man eine sinnvolle Tätigkeit, denn die emsigen Arbeiterinnen liefern nicht nur Honig, sondern sind auch für die Bestäubung von Pflanzen, ergo für die Sicherstellung heimischer Biodiversität, unverzichtbar.
Doch einfach ein Bienenvolk anschaffen und Imker sein, funktioniert natürlich nicht. «Als Imker ist man das ganze Jahr über mit und für seine Bienen beschäftigt», weiss der Lenzburger Martin Zentner. Der 52-Jährige bezeichnet sich selbst als «Jungimker»; die Leidenschaft fürs Imkern hat erst vor etwas mehr als einem Jahr in die Tat umgesetzt: gemeinsam mit Partnerin Dominique Adam und einem Bienenvolk, bestehend aus einer Königin, rund 1000 Drohnen (Männchen) und etwa 40000 Arbeiterinnen. «Bienen haben mich schon immer fasziniert», erklärt Martin Zentner seine Beweggründe, «ich war schon länger auf der Suche nach einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Natur. Da kamen die Bienen gerade richtig – seitdem habe ich Honig im Kopf.»
Ein zeitintensives Hobby
Der durchschnittliche Schweizer verzehrt pro Jahr rund eineinhalb Kilogramm Honig. Damit gehört die Schweiz zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum von Honig. Dass diese enorme Menge für die Bienen eine Flugstrecke von bis zu 145000 Kilometern bedeutet, um ausreichend Nektar und Pollen zu sammeln, ist allerdings ein eher unbekannter Fakt. Doch die Honiggewinnung ist nicht nur ein immenser Arbeitsaufwand für die Biene selbst, auch der Mensch ist auf mehreren Ebenen gefordert.
Obwohl der Einstieg in die Imkerei relativ niederschwellig und die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist, benötigt man dennoch ausreichend Wissen, um Bienenvölker gesund zu halten und gut über den Winter zu bringen, denn ein zu schwaches oder schlecht versorgtes Volk überlebt die kalten Monate häufig nicht. «Wir haben schnell festgestellt, dass die Bienen den Takt vorgeben, wobei die meiste Arbeit von April bis August anfällt», weiss Martin Zentner. Zu tun gibt es viel: Die Bienenstöcke (Beuten) müssen gepflegt, neues Material beschafft und schliesslich der Honig geerntet werden. «Dabei sind einige Arbeiten nicht aufschiebbar, die Bienen warten nicht, bis wir Zeit haben», erklärt er. Sein Wissen angeeignet hat sich der Jungimker in einem Grundkurs der Schweizerischen Imkerschule in Hunzenschwil. Darüber hinaus lernt er viel von seinem «Imker-Götti», einem erfahrenen und langjährigen Imker, der sein umfangreiches Fachwissen mit Freude weitergibt.
Ein Bienenjahr haben Martin Zentner und seine Partnerin nun hinter sich. Die Begeisterung hält an, aber sie wissen auch: Die Bienenhaltung ist komplex und aufgrund von Klimaveränderungen, Insekten- und Artensterben, zahlreichen Umweltgiften und Veränderungen der Naturräume herausfordernd.
Die Folge von zu warmen Wintern
Eine Herausforderung der Klimaerwärmung kann etwa darin liegen, dass die Königinnen bei warmen Wintern keinen Brutstopp mehr einlegen. Da sich die Varroamilbe in den Brutzellen der Honigbienenwaben vermehrt, ist eine mögliche Folge, dass sich die Schädlinge stärker vermehren. Die zusätzlichen Viren und Bakterien könnten den Völkern derart zusetzen, dass sie den Winter nicht überleben. «Es wird immer schwieriger, die Varroramilbe zu bekämpfen», so Martin Zentner.
Kein Schnee, dafür aussergewöhnlich hohe Temperaturen: Das ist der Winter 2022/2023. Angesichts der warmen Aussentemperaturen verlassen immer mehr Arbeiterinnen den Stock. Zentner: «Ab zehn Grad und Sonnenschein fliegen die Bienen in der Regel aus und koten ab, das nennt man Reinigungsflug. Dann fliegen sie wieder zurück, ordnen und sortieren alles neu, denn sie wissen ja, dass die nächsten Tage wieder kalt werden.
Bienenfreundliche Gartengestaltung
Die beste Unterstützung für Bienen ist eine bienenfreundliche Gartengestaltung. «Am besten mit einheimischen, bienenfreundlichen Pflanzen wie Krokussen, Weiden und allem, was schon früh blüht», so Martin Zentner. Und: «Auf Pestizide verzichten und verschiedene Nistmöglichkeiten für Insekten bereitstellen.»
Die Honigproduktion von Martin Zentner und Dominique Adam ist klein, aber fein. Und: ein Hobby. Martin Zentner arbeitet im Tierkrematorium Schweiz AG in Seon, seine Partnerin als Pflegefachfrau in einem Ambulatorium. «Wir sind nicht gewinnorientiert unterwegs. Im Zentrum der Imkerei steht für uns die Freude an der Arbeit in und mit der Natur», so Zentner. Dominique Adam ergänzt: «Beruflich bedingt stehe ich im Bienenprojekt eher im Hintergrund; die Imkerei hilft mir aber, eine Verbindung zur Natur herzustellen und eine gesunde Work-Life-Balance zu halten.» Im letzten Jahr hat das Paar rund 20 Kilogramm Honig produziert und in praktischen 250-Gramm-Gläsern über Mund-zu-Mund-Propaganda, Social Media und im Café Lencis in Lenzburg verkauft. Die Produktion soll dieses Jahr aufgestockt werden: «Da ein Bienenvolk zeitlich gut zu bewältigen war, haben wir uns dazu entschlossen, auf vier Völker aufzustocken», sagt der Jungimker. Zum bisherigen Standort Seon sollen im Frühling Lenzburg und Staufen dazukommen. «Unser Ziel ist es, unsere Bienenvölker gut und gesund über die nächsten Jahre zu bekommen», sagt er. Der Imkerei werden sich die beiden also auch weiterhin mit viel Enthusiasmus widmen.