Das Trottoir-Trotti-Dilemma
Lenzburg Mit einem E-Trottinett gelangt man rasch von A nach B. Doch nicht jeder darf mit diesem Trendfahrzeug fahren. Immer wieder stellen Einsatzkräfte der Regionalpolizei Lenzburg Lenker fest, die zu jung sind, keinen entsprechenden Führerausweis besitzen oder zu zweit mit dem Elektro-Trottinett unterwegs sind.
Trendfahrzeuge wie E-Trottinette sind nicht mehr wegzudenken – und das ist auch gut so: Im gewollten Wandel des Mobilitätsverhaltens können sie einen wertvollen Beitrag leisten. Warum ein Motorrad oder ein Auto kaufen, wenn die Kombination aus öffentlichem Verkehr und Fahrrad oder eben E-Trottinett genau so effizient ist?
Dennoch haben sich die Fahrer an Regeln zu halten. Grundsätzlich gilt: E-Trottinette dürfen überall dort verwendet werden, wo es Fahrrädern auch gestattet ist. Das Trottoir gehört nicht dazu.
Auf Trottoirs nicht zugelassen
Mit einem E-Trottinett auf einem Trottoir zu fahren ist gesetzlich verboten: «Das Trottoir ist den Fussgängern, der Radweg den Radfahrern vorbehalten», informiert Verkehrsinstruktor Stephan Roth von der Regionalpolizei Lenzburg.
Wer sich allerdings über Schulkinder aufregt, die mit ihren Fahrrädern übers Trottoir flitzen, tut dies vergeblich: Der Bundesrat erlaubt ihnen, jedenfalls sofern kein Radweg oder Radstreifen vorhanden ist, das Trottoir zu benutzen. Diese Regelung gilt nur für Kinder bis zwölf – und diese dürfen ohnehin keinen E-Scooter benutzen.
Auf dem Trottoir abstellen darf der Fahrer aber seinen E-Scooter. Jedenfalls, sofern kein Veloparkplatz vorhanden ist und sofern den Fussgängern ein mindestens 1,50 Meter breiter Durchgang verbleibt.
Bis 14 auf dem Schulweg tabu
Auf Schulwegen wie überall sonst auf öffentlichen Flächen sind E-Trottinette erst erlaubt, wenn der Fahrer mindestens 14 Jahre alt ist. Bis er 16 ist, muss er zudem über einen Führerausweis der Kategorie M für Motorfahrräder verfügen.
Oder einen der Kategorie G, welcher zum Führen von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen berechtigt. Nicht immer halten sich ganz alle Kinder und Jugendlichen an diese Vorschriften, weiss Roth.
Dass sie ihre Köpfe nicht mit einem Helm schützen, hat rechtlich betrachtet jedoch seine Richtigkeit. Anders als auf schnellen Motorfahrrädern ist das Helmtragen auf Leichtmotorfahrrädern und damit auf E-Trottinetten keine Pflicht.
Trotzdem: Oftmals lenken E-Trottinett-Fahrer ihre Boliden mit einer Nonchalance, die erstaunt: Auf der Skipiste hat sich der Helm längst durchgesetzt, und auch auf den Köpfen von Velofahrern thront zumeist einer. Zahlreiche Nutzer von Trottinetten hingegen unterschätzen die Gefahr, die vom wenig stabilen Fahrzeug ausgeht.
Es gibt immer mehr Unfälle
Meist passiert nichts – immer häufiger aber eben schon. Gemäss Bundesamt für Strassen (Astra) gab es 2021 schweizweit 376 Unfälle mit E-Trottinetten, fast dreimal mehr als noch zwei Jahre zuvor. In vielen Fällen wurden Passanten in Mitleidenschaft gezogen.
In Lenzburg lassen sich diese Zahlen nicht belegen: Spezifische Daten zu Bussen und Unfällen mit E-Scootern werden bei der Regionalpolizei nicht erfasst. Dafür ist der Trend noch zu jung. Roth führt aus: «Im Moment werden die Trendfahrzeuge noch nicht als Kategorie in der Verkehrsstatistik ausgewiesen. Es gibt aber immer wieder Unfälle, meist Selbstunfälle.» Da diese oft nicht gemeldet werden, vermutet Roth hier eine hohe Dunkelziffer.
In erster Linie gefährden sich die Lenker von E-Trottinetten aber selbst. «Das Problem ist, dass viele Lenker ihre Fahrzeuge kaum beherrschen und auch die Regeln nicht kennen oder nicht kennen wollen», so Roth. Dabei spricht das Gesetz eine klare Sprache: Im Strassenverkehr zugelassen sind E-Trottinette mit einer Motorleistung bis 500 Watt und einer Höchstgeschwindigkeit bis 20 Kilometer pro Stunde.
Für unter 16-Jährige ist es verboten, mit einem E-Trottinett zu fahren – ausser sie besitzen einen Mofa-Führerausweis. Im Weiteren sind Elektro-Trottinette, die eine zu starke Leistung aufweisen oder die technischen Vorschriften nicht erfüllen, erst gar nicht erlaubt.
Und fahren darf man damit nur auf Strassen oder Radwegen. Zudem Pflicht: eine Vorder- und eine Hinterbremse sowie eine Glocke an der Lenkstange. Vorgeschrieben sind auch ein Vorder- und ein Rücklicht: Seit einem Jahr gilt auch für Leichtmotorfahrräder die Tagfahrlicht-Pflicht.
Bei seinen Verkehrsinstruktionen macht Roth die Schüler ab der zweiten Klasse auf die sogenannten «FäG», die «Fahrzeugähnlichen Geräte» aufmerksam. Dazu gehören Skateboards, Inline-Skates, Trottinette, aber auch Hover
boards und E-Trottis. Aufklärungsarbeit ist wichtig – was Hänschen schliesslich nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Und mehr als die Hälfte der Lenker von E-Trottinetten sind, so Roth, immerhin Erwachsene, die sich nicht an die Regeln halten. «Man sollte mit guten Beispiel vorangehen», so Roth. Das gilt fürs korrekte Verhalten im Strassenverkehr ebenso wie beim Helmtragen.
Sein Name steht für Sicherheit
Stephan Roth Wer in der Region Lenzburg in den letzten 22 Jahren die Schulbank gedrückt hat, der kennt ihn: Stephan Roth. 20 Jahre lang war er für die Kantonspolizei Aargau, danach seit 2007 für die Regionalpolizei Lenzburg tätig – an beiden Orten als Verkehrsinstruktor.
Im Sommer in zwei Jahren wird Roth pensioniert – dass es ihm dann langweilig wird, davor hat der passionierte Segler keine Angst.
«Ja, auf jeden Fall», antwortet Stephan Roth auf die Frage, ob er sein ganzes Arbeitsleben lang in seinem Traumberuf unterwegs gewesen war. Und: Die Arbeit macht immer noch Spass. «Am Ende des Tages sind strahlende Kinderaugen immer der schönste Dank». (rsc)
E-Trottinetts sicher nutzen
Damit es nicht zu Regelverstössen oder Verkehrsunfällen kommt, sollten folgende Regeln und Verhaltensweisen beachtet werden:
• Maximal eine Person pro Trottinett. Zu zweit fahren ist nicht erlaubt.
• Die Nutzung von E-Scootern ist für Personen unter 14 Jahren nicht gestattet.
• Ab 14 Jahren ist ein Führerausweis Kategorie M (Motorfahrrad) erforderlich.
• Vorder- und Rückbremse, Vorder- und Rücklicht sind Pflicht.
• Die maximale Motorenleistung beträgt 0,5 kW und die maximale Geschwindigkeit 20 km/h.
• Gefahren wird auf Strassen und Radwegen. Wenn ein Radstreifen fehlt, fährt man am rechten Fahrbahnrand.
• Strassen und Wege mit allgemeinem Fahrverbot, mit Fahrverbot für Fahrräder und Motorfahrräder sowie Trottoirs dürfen nicht befahren werden.
• Sind keine Richtungsanzeiger vorhanden, müssen Richtungsänderungen mittels Handzeichen signalisiert werden.
• Die Geschwindigkeit ist stets den Gegebenheiten anzupassen.
• Das Tragen eines Helms wird empfohlen.