Das Freischarenmanöver findet in diesem Jahr trotz Ukraine-Krieg statt
Lenzburg Der Stadtrat hat entschieden, dass am Jugendfest vom 8. Juli ein Freischarenmanöver durchgeführt wird. Ob dies angesichts des Krieges in der Ukrainer opportun ist, war vorgängig diskutiert worden.
Wegen der Coronapandemie konnten die jährlichen Jugendfeste in Lenzburg in den letzten beiden Jahren nur in eingeschränkter Form durchgeführt werden. Das eigentlich 2020 angesagte «grosse» Jugendfest mit Freischarenmanöver fiel nahezu völlig aus.
Um den Freischarenbrauch weiter zu pflegen, wurde 2021, trotz ungerader Jahreszahl, eine neue Form eingeführt; über fünf Tage fand jeweils ein Minimanöver ohne Zuschauer statt. Kein vollwertiger Ersatz für die Brauchtumspfleger. Umso grösser die Vorfreude auf das Jahr 2022, wo wieder ein reguläres Manöver angesagt war. Kurz nach der Rekrutierungsphase ein nächster Schock: In Europa bricht ein Krieg aus. Ist es da angemessen, einen Anlass mit letztendlich militärischem Hintergrund durchzuführen?
Eine bedeutende Frage
In der ganzen Stadt und darüber hinaus wurde diese Frage diskutiert. Es gab verschiedene Meinungen. Zwischen den beiden Extrempolen – normale Durchführung wie in Friedenszeiten und totaler Verzicht – gab es viele Nuancen. Die Augen waren so intensiv auf den Stadtrat gerichtet wie bei keiner andern Angelegenheit.
Die Stadtregierung war sich der Brisanz ihrer Entscheidung durchaus bewusst. Es wurde zugewartet, bis alle fünf Mitglieder physisch an der wöchentlichen Sitzung präsent waren. Am 4. Mai, dem Tag vor der Einwohnerratssitzung, war es so weit und Stadtrat und Jugendfestpräsident Sven Ammann gab den Entscheid zu Beginn der Sitzung bekannt: «Der Stadtrat hat entschieden, das diesjährige Jugendfest mit einem Freischarenmanöver durchzuführen.»
Damit werde die «Tradition, dass immer in den geraden Jahren ein ‹grosses› Jugendfest stattfindet, beibehalten», steht in der offiziellen Medienmitteilung.
«Traditionen dürfen sich anpassen»
Das «Jugendfest mit seinem Landschaftstheater» betrachtet der Stadtrat als «eine der wichtigsten Traditionen der Stadt». Als «einzigartiges Gesellschafts- und Generationenprojekt» sei es ein fester Bestandteil im Lenzburger Stadtleben. Das «gemeinsame Erleben der Tradition» stehe dabei im Vordergrund.
Mündlich ergänzte Stadtrat Ammann vor dem Einwohnerrat: «Traditionen dürfen angepasst werden.» Das Freischarenmanöver könne sich weiterentwickeln, aber nur wenn es auch tatsächlich stattfindet.
Der Stadtrat betonte im Weitern, dass er die vorgängige Diskussion in der Öffentlichkeit über die Durchführung des Manövers als «wichtig» taxiert: «Sie zeigte auf, dass das Thema polarisiert.» Man sei sich der «heiklen Situation sehr bewusst», doch wolle man «die Tradition, in der Menschen aus verschiedenen Gegenrationen zusammenkommen, auch in unruhigen Zeiten ermöglichen».
Infos und «unsichtbare» Gewehre
Als Konzession sind verschiedene Anpassungen geplant. Dies in Absprache mit der örtlichen Freischarencommission. So sind beispielsweise Infoanlässe für die Kadetten und für ukrainische Personen vorgesehen.
Im Weiteren werden die Gewehre der Kadetten nach jeder Übung eingesammelt. Sven Ammann weiter: «Auch nach der Kaderwahl werden unsere Kadetten ohne Gewehre in die Stadt ziehen.» Weitere Modifikationen sind angedacht, aber noch nicht spruchreif. Der Jugendfestpräsident ist trotzdem zuversichtlich: «Wir freuen uns auf eine Jugendfestwoche mit vielen schönen Momenten.»