Bibertechnik für den Naturschutz

Umwelt Mit welchen Mitteln ein Wald renaturiert werden kann, das stellten Stadtoberförster Matthias Ott und Vizeammann Andreas Schmid gemeinsam mit Umweltingenieur Philipp Schuppli und Forstwart Thomas Waltenspühl vor.

Pioniere im Lenzburger Zweiweihertal: Philipp Schuppli, Matthias Ott, Andreas Schmid, Thomas Waltenspühl und vorne Fame.Foto: Verena Schmidtke

Initiiert wurde das Projekt von der Ortsbürgergemeinde Lenzburg und umgesetzt vom Forstbetrieb Lenzia in Zusammenarbeit mit der Abteilung Wald des Departements Bau, Verkehr und Umwelt sowie der Apiaster GmbH. Der wichtigste Ideengeber tauchte allerdings nicht persönlich vor Ort auf: der Biber.

Im Herbst werden vielen Spaziergängern sicherlich die regen Bautätigkeiten im Lenzburger Zweiweihertal aufgefallen sein. Stadtoberförster Matthias Ott erinnert sich: «Es gab auch ein paar Anrufe, was denn da vor sich geht.» Als das Vorhaben voranschritt und sichtbarer geworden sei, kamen viele positive Anmerkungen. Es geht um die «Wiedervernässung von Wald». Ein etwas sperriger Titel, hinter dem sich ein interessantes Projekt verbirgt, welches teilweise sogar Pioniercharakter hat. «Der Kanton habe die Wiedervernässung im Wald finanziell ganz unkompliziert unterstützt», teilt der Stadtoberförster mit.

Mehrere kleine Dämme aus Weidenruten unterteilen einen Bachlauf im Zweiweihertal. Logischer Effekt: Das Wasser staut sich und vernässt die Umgebung. Stadtoberförster Matthias Ott erläutert: «Früher zog man Drainagegräben, um den Wald zu entwässern. Dadurch konnten hier Bäume wie Fichten und Buchen für einen Wirtschaftswald besser wachsen.» Heutzutage im Zuge des Klimawandels sei es sinnvoller, wenn ein Wald in Trockenperioden Wasser speichern könne, auch im Boden. «Wir sprechen hier quasi von einem Schwammwald», führt Vizeammann Andres Schmid aus. Zudem betont er, es sei schön, mit lokalen Naturschutzmassnahmen wie diesen viel leisten zu können. Ganz im Sinne der Klimastrategie der Stadt Lenzburg.

Inspiriert von Biberdämmen

Bekanntlich ist der Biber ein genialer Gewässerbauer, doch dieser Bachlauf war für ihn offenbar nicht attraktiv genug. Die Aufgabe kam also den Forstwarten zu. Unterstützt von der Apiaster GmbH seien die Planungen vonstattengegangen. «Es ist eine neue Idee, die aus Amerika in den europäischen Naturschutz eingegangen ist», berichtet Ott und weist auf die künstlichen Dämme. «Das sind sogenannte Beaver Dam Analogs. Kurzgesagt: Man spielt Biber.» Dazu lässt er die Hoffnung durchscheinen, dass die ansässigen Biber in dem Gebiet Interesse an der neu angestauten Wasserfläche finden könnten. «Wahrscheinlich ist sie aber zu klein», räumt der Stadtoberförster ein.

«Mit grossen Maschinen konnten wir nicht arbeiten, das ist alles in Handarbeit geschehen», informiert Forstwart Thomas Waltenspühl zu den Arbeiten. Entstanden seien dabei vier Dämme aus verflochtenen Weidenzweigen, das bereits vorhandene Holz sei im Bachlauf belassen worden. Der Forstwart merkt an: «Wichtig war, dass die Weiden Kontakt zum Erdreich haben, daraus spriessen hoffentlich neue Weiden.» Sein Fazit: «Es war eine schöne Arbeit im Sinne des Naturschutzes.» Ausserdem könne er sich vorstellen, dass Schulklassen sicher Freude an so etwas hätten – falls Folgeprojekte geplant seien.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Waldweges mit Blick auf den Waldrand zeigt sich der weitere Teil des Vorhabens. Nicht ganz so revolutionär, aber genauso hilfreich für die Natur. «Fast alle Fichten am Waldrand wurden gefällt, um mehr Licht in den Wald zu bringen», informiert Stadtoberförster Matthias Ott. «Hier wurden Pioniergewässer, also flache Tümpel, angelegt.» Diese bieten Lebensraum für Amphibien wie beispielsweise die seltene Gelbbauchunke, die Erdkröte oder den Grasfrosch. Damit sei ein Trittstein geschaffen zwischen den Amphibiengebieten Fünfweihergebiet, Lütisbuech und Aabach. Zudem sei der vormals schnurgerade Stadtbach mit wertvollen Strukturen versehen worden. «Ideal für Stein- und Dohlenkrebse», bekundet Umweltingenieur Philipp Schuppli. Überhaupt sei dieses Vorhaben ein Vorzeigemodell für andere Gemeinden, die sich so etwas vorstellen könnten. Schuppli sagt in Bezug auf Lenzburg: «Es ist super, wenn eine Stadt diese Pionierrolle einnimmt.» Ebenso wie Andreas Schmid sehe er Potenzial, ähnliche Renaturierungen im Fünfweiher und im Aabachgebiet anzudenken. «Ich freue mich jedenfalls auf die Rufe von Erdkröte und Grasfrosch im kommenden Frühling», so der Umweltingenieur. «Diese Naturgeräusche sind im Verlauf der letzten Jahrzehnte leider immer mehr verloren gegangen. Schön, wenn sie zurückkehren.»

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