«Bereit, Coronamassnahmen durchzuziehen»
Senioren Mit einer Mischung aus frühzeitiger Adaption, stringenter Konsequenz und einer Spur militärischer Strenge ist das Alterszentrum Obere Mühle in Lenzburg gut durch die ersten beiden Coronajahre gekommen. Zentrumsleiter Michael Hunziker zieht Bilanz.
Mit der konsequenten Umsetzung von Weisungen von Bundes- und Kantonsstellen sowie eigener Vorgaben ist das Alterszentrum Obere Mühle (AZOM) bisher ausserordentlich gut durch die Pandemiekrise gekommen. «Wir haben bei uns quasi jeden verordneten Massnahmenschritt schon mit Vorlauf eingeführt gehabt», so Zentrumsleiter Michael Hunziker.
Kein coronabedingter Todesfall
Dieses frühzeitige Adaptieren von Auflagen, deren konsequente Umsetzung und die entsprechende Kommunikation bei Mitarbeitenden, Bewohnern und deren Angehörigen trug Früchte. Im Altersheim mit 98 Plätzen gab es seit März 2020 lediglich bei neun Bewohnern einen positiven Coronabefund «und keinen coronabedingten Todesfall», wie Hunziker betont.
Bei den angeschlossenen Alterswohnungen mit 85 Plätzen, wo die Kontrolle naturgemäss nicht so eng ist, gab es drei Positiv-Fälle und einen Todesfall einer nichtgeimpften Person, die erst rund einen Monat in der «Oberen Mühle» weilte. Bei den Mitarbeitenden gibt es 27 Infizierte, die streng isoliert wurden.
Zentrumsleiter Hunziker führt dies im Vergleich mit andern ähnlichen Institutionen auf die hohe Impfrate zurück: Kurz vor Weihnachten waren 93 Prozent des Personals (sogar 98 Prozent bei den Pflegenden) und 88 Prozent der Bewohner geimpft beziehungsweise geboostert.
Hohe Zutrittsschwelle
Die frühe und konsequente Zertifikatspflicht beim Zugang zum AZOM hat laut Hunziker dazu geführt, dass das Heim von Massenansteckungen verschont blieb: «Wir haben eine hohe Eintrittsschwelle, aber dann kann man sich relativ frei im ganzen Gebäude bewegen.» Lebensqualität wird hier gross geschrieben. Im letzten Jahr haben verschiedene Konzerte, Theatervorstellungen, ein interner Markt sowie ein Adventsanlass und zwei Weihnachtsfeiern stattgefunden. «Unseren Leuten wird etwas geboten», so der Zentrumsleiter.
Wegen seinen mit militärischer Strenge umgesetzten Coronavorgaben musste Hunziker den Abgang von zwei Mitarbeitenden hinnehmen. Verglichen mit andern Heimen ist dies aber eine sehr tiefe Zahl: «Bei uns beträgt die jährliche Fluktuation beim Personal weniger als zehn Prozent. Irgendetwas machen wir wohl richtig.»
Michael Hunziker findet das AZOM «nicht in den veröffentlichten Mittelwerten»; im Gegensatz zu Pressemeldungen über «halbleere Heime» habe er über die letzten zwei Jahre «voll Haus» gehabt, auch wenn die «Obere Mühle» gemäss kantonaler Heimliste zu den teuersten gehöre: «Offensichtlich bieten wir unseren Bewohnern gleichwohl ein attraktives Angebot.»
Unterstützung vom Verwaltungsrat
Finanziell gingen die Coronavorkehrungen nicht spurlos am Lenzburger Alterszentrum vorüber: 2020 machten die zusätzlichen Aufwendungen 211000 Franken aus; im letzten Jahr immerhin noch 170000 Franken.
Damit sind etwa zusätzliche Einrichtungen oder das Anlegen eines Notvorrats gemeint. Hunziker: «Vor Jahren wurden die Heime von der Notvorratspflicht befreit.» Im AZOM wurde diese Lockerung schon früh im ersten Coronajahr rückgängig gemacht. Michael Hunziker hat 180 Artikel bestimmt, die an Lager gehalten werden.
«Unser Verwaltungsrat hat dies innert fünf Minuten bewilligt», blickt der Zentrumsleiter zurück. Überhaupt windet er seiner vorgesetzten Behörde ein grosses Kränzchen: «Der Verwaltungsrat steht hundertprozentig hinter der Leitung und auch der Stadtrat war immer informiert.»
«Guter Kampf gegen den Käfer»
Die so erfahrene Wertschätzung gibt der Heimleitung wieder neue Motivation: «Wir liefern hier», und Michael Hunziker deutet dazu Richtung Stadtzentrum, «einen guten Kampf gegen den Käfer».
Dieser Kampf kostete und kostet Kräfte. «Wir alle hier drinnen haben gelitten», hält der Leiter fest, dass die Auflagen an niemandem spurlos vorbeigegangen sind. Auch an ihm selbst nicht. Michael Hunziker: «Auch ich bin coronamüde, aber ich bin bereit, die Coronamassnahmen bis zum Ende durchzuziehen.»