An der «Langen Nacht der Kirchen» kann man Mathilde Merz entdecken
Kirche Zum dritten Mal laden Schweizer Kirchen morgen Freitag zur «Langen Nacht». In Lenzburg, wo das Aargauer Programm präsentiert wurde, kann man «auf den Spuren der verbotenen Pfarrerin» wandeln.
Bei den Aargauer Landeskirchen ist es gleich wie bei Anlässen in der Stadt Lenzburg: Was zweimal erfolgreich durchgeführt wurde, wird schon bei der dritten Auflage zur Tradition erklärt. «Die ‹Lange Nacht der Kirchen› ist schnell zu einem Selbstläufer geworden», stellte Luc Humbel, Kirchenratspräsident der Römisch-Katholischen Landeskirche im Aargau, im reformierten Kirchgemeindehaus in Lenzburg fest, wo die Aargauer Landeskirchen das Programm und Hintergründe der dritten «Langen Nacht der Kirchen» vorstellten.
Nach 2016 und 2018 laden morgen Freitag, 28. Mai, 62 Aargauer Kirchgemeinden zu rund 200 interessanten, aussergewöhnlichen und niederschwelligen Events . Man wolle damit auch Leuten «den Zugang ermöglichen», die sonst nicht (mehr) regelmässig die Kirchen besuchen, so Humbel.
Immer grössere Kreise
Für Christoph Weber-Berg, Kirchenratspräsident der Reformierten Landeskirche Aargau und ehemaliger Stadtpfarrer in Lenzburg, bildet die konzertierte Aktion der Kirchen «eine einmalige Chance, in Coronazeiten etwas Grosses auf die Beine zu stellen». Er sei froh, dass man im Februar den Mut gehabt habe, den Anlass zu organisieren und nicht vorschnell abzusagen.
Was 2016 – von einer gleichnamigen Aktion in Österreich inspiriert – relativ klein begann, zieht mittlerweile immer grössere Kreise. Acht Kantone machen diesmal mit und dank der Teilnehme von Graubünden, Bern und Jura sind zur Freude von Weber-Berg erstmals alle vier Landessprachen vertreten. 470 Kirchgemeinden mit total 1300 Angeboten machen schweizweit mit.
Die Anlässe der «Langen Nacht» sind für die Teilnehmer kostenlos. Überall gelten Schutzkonzepte; für einige Angebote gelten Platzbeschränkungen und für einige musste man sich vorher anmelden.
Rätseltour in der Stadtkirche
Eines der originellsten Angebote der «Langen Nacht» findet in Lenzburg statt. Pfarrer Martin Domann lädt zusammen mit einer Gruppe Jugendlicher zu einer Rätseltour durch die reformierte Stadtkirche. Der Anlass trägt den viel versprechenden Titel «Auf den Spuren der verbotenen Pfarrerin».
Der Parcours zu sieben verschiedenen Posten ist auch eine Zeitreise. Alba Mousson aus dem zehnköpfigen Vorbereitungsteam verriet an der kantonalen Medienorientierung, dass die Besucher «mit Musik und historischen Gegenständen in die Zeit der 30er- bis 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurückversetzt» werden.
An jedem Posten ist eine Aufgabe zu lösen. Diese Rätsel können allein oder zu mehreren gelöst werden: «Am besten kommt ihr in Kleingruppen, dann macht das Rätseln mehr Spass», steht im Flyer zum Anlass. Laut Corinne Reber aus dem Vorbereitungsteam gibt es zwei Varianten, die Fragen zu beantworten: «Mit oder ohne Handy.» Für die erste Version kann man die Applikation Actionbound aufs Smartphone herunterladen. Doch ganz bewusst will man die Besucher die «verbotene Pfarrerin» auch auf analogem Weg erkunden lassen.
Lenzburger Pioniertat im Jahr 1931
Die Titelheldin heisst Mathilde Merz und wurde 1931 als 32-Jährige von der Kirchgemeinde Lenzburg-Hendschiken zur Pfarrhelferin gewählt, obwohl damals nur Männer wahlberechtigt gewesen wären. Merz hatte zwischen 1920 und 1924 in Bern ein Theologiestudium absolviert.
Die kantonale Synode sanktionierte die Wahl der aufmüpfigen Lenzburger nur mit der Auflage, dass sich Merz verpflichte, nicht Pfarrer zu werden. 1955 wurde Mathilde Merz gleichwohl ordiniert – allerdings im Kanton Bern.
Lange Nacht der Kirchen vom 28. Mai in der Region
Ammerswil. Kirche. 18.10 bis 19.45 Uhr: Musikalischer Gottesdienst mit den Swissboys Light. Fröhliche Musik und besinnliche bis humorige Beiträge gehen Hand in Hand.
Egliswil. Kirche. 17 bis 19 Uhr: Orientierungslauf für Kinder mit Wettbewerb rund um und über die Kirche Egliswil. 20 bis 22 Uhr: Kirchen-Kino für Jugendliche, Jim Carrey ist «Bruce Almighty».
Lenzburg. Stadtkirche. 18 bis 22 Uhr: «Auf den Spuren der verbotenen Pfarrerin»; Rätseltour zu einer spannenden Geschichte der Kirche.
Leutwil-Dürrenäsch. Kirchgemeindehaus Dürrenäsch. 18 bis 22 Uhr: Vernissage Fotowettbewerb «Liebe ist …». – Kirche Leutwil: 21 Uhr: Musikgottesdienst; Werner Reichart spielt fröhliche Lieder auf der Orgel, Mitwirkung von Pfarrer Michael Freiburghaus.
Meisterschwanden. Pfarrei Bruder Klaus. 18 bis 23 Uhr: Ausgebuchtes Angebot für Jugendliche der offenen Jugendarbeit mit Abendgebet, Töggele, Billard, Chillen, Orgelführung, Kino in der Kirche, Nachtgebet.
Möriken-Wildegg. Kirche Möriken. 19.30 bis 23 Uhr: Film «Female Pleasure» mit der Regisseurin Barbara Miller; musikalischer Einstieg, Filmvorführung und Filmgespräch.
Niederlenz. Kirche und Vorplatz. 18 bis 1 Uhr: Niederlenzer Musiktage.
Seengen. Kirche: 20 bis 21 Uhr:Wort & Musik. Nocturne und liturgisch-lyrische Nachtgedanken mit Verena Haller (Klavier), Edita Geiger (Cello), Andreas Säuberli (Flöten), Ruedi Stähelin (Gesang) und Pfarrer Jan Niemeier (Lesungen).
Seon. Filmabend. 18 Uhr: Jugendkino «Gran Torino»; 20.15 Uhr: «Die Hütte».
Staufberg. Kirche und Schlössli Schafisheim. Für Kinder. 18.15 bis 19.15 Uhr: Musik mit Martin Dürrenmatt (Liederüben für die Aufführung). 18.20 bis 19.20 Uhr: Songbird. Konzert mit Maik Brügmann. 19.45 bis 20.15 Uhr: Kurzes Theater und Liederaufführung der Kinder. 20.30 bis 22.15 Uhr: Geschichten und Kreatives für Kinder. 20.30 Uhr: Film für Erwachsene. 22.15 Uhr: Gemeinsamer Abschluss.