Wo Römer vor fast 2000 Jahren badeten
Seengen: Westlich des Pfarrhauses führte die Kantonsarchäologie Ausgrabungen durch. Dabei wurden Überreste eines Bades eines römischen Gutshofs entdeckt.
Morgen endet die achtwöchige Ausgrabung. Ermöglicht wurde das Vorhaben durch eine geplante Überbauung anstelle des ehemaligen Richnerhofes an der Schwerzistrasse. Überrascht von Römerfunden in dieser Region war niemand. Dass rund um die heutige Kirche zu Beginn der aktuellen Zeitrechnung ein römischer Gutshof stand, ist seit langem bekannt.
Trotzdem wollten die Fachleute der Kantonsarchäologie rund um Ausgrabungsleiter Matthias Flück die Chance packen, im Westteil des vermuteten Gutshofes weitere Zeugnisse aus der Römerzeit zu entdecken und zu sichern. «In Absprache mit der Bauherrschaft haben wir ein Zeitfenster von acht Wochen für Grabungen erhalten», so Flück.
Das Gebiet nordwestlich der Kirche und westlich des Pfarrhauses bildet wohl den Abschluss des von den Römern überbauten Areals, das eine Fläche von etwa 210 Metern in nordsüdlicher Ausrichtung und 125 Metern in ostwestlicher Ausrichtung umfasst.
Schon früher ist man auf Bauwerke aus der Römerzeit, also aus dem ersten und zweiten Jahrhundert gestossen. Prominentester Fund ist ein Segment eines Mosaikfussbodens in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts, der in der Nähe des Pfarrhauses besichtigt werden kann. Auch bei der Erweiterung der Werkzeugfabrik Alesa auf der andern Seite der Schulstrasse wurden durch Archäologen vorübergehend römische Mauern freigelegt, kartografiert und dokumentiert.
Reste eines Bades
Nun wurden auf der andern Seite der Gutsanlage just am Tag einer öffentlichen Führung «Reste eines römischen Bades» gefunden, wie Grabungsleiter Flück den zahlreichen Interessierten erklärte. Die Fachleute vermuteten spontan, dass es sich bei der halbrunden Apsis um das Privatbad der Gutsbesitzer handeln könnte.
Weiter wurden hier Mauerwerke freigelegt, die dem Wohnteil beim heutigen Pfarrhaus als Hangbefestigung dienen konnten. Die einzelnen Steinelemente sind mit Kalkmörtel fixiert. «Das hat bis heute gut gehalten», so Flück zu den Besuchern. Auch angesichts von Funden von Säulenelementen aus sogenanntem Solothurner Marmor kommen die Archäologen zum Schluss, dass es sich beim Seenger Anwesen, das seine Blütezeit im 2. Jahrhundert erlebt haben dürfte, «um die oberste Liga der römischen Gutshöfe in der Schweiz» handelt.
Im weiteren wurden mitten im Gebiet der künftigen Überbauung zwei überdeckte Abwasserkanäle entdeckt. Auch hier mussten sich die Altertumsforscher in ihrem limitierten Zeitfenster auf die Dokumentation der gefundenen Überreste konzentrieren. «Wenn jetzt dann diese alten Mauern weggebaggert werden, hat man schon ein wenig ein schlechtes Gewissen», so Matthias Flück.