Unterhaltsame Reise in die Vergangenheit

Seetal Für einmal in eigener Sache: Die Jahresschrift «Heimatkunde aus dem Seetal» der Historischen Vereinigung Seetal und Umgebung behandelt die eigene Geschichte, die vor 100 Jahren begann.

Prägende Figur: Vereinigungsgründer Reinhold Bosch (stehend rechts) als Ausgrabungsleiter in Sarmenstorf. Foto: Historische Vereinigung Seetal und Umgebung

Prägende Figur: Vereinigungsgründer Reinhold Bosch (stehend rechts) als Ausgrabungsleiter in Sarmenstorf. Foto: Historische Vereinigung Seetal und Umgebung

100 Jahre Historische Vereinigung Seetal und Umgebung. Heimatkunde aus dem Seetal, 95. Jahrgang 2022. – 208 Seiten. – Preis 25 Franken plus Porto. – Bezug: schriftenbestellung@hvseetal.ch.

100 Jahre Historische Vereinigung Seetal und Umgebung. Heimatkunde aus dem Seetal, 95. Jahrgang 2022. – 208 Seiten. – Preis 25 Franken plus Porto. – Bezug: schriftenbestellung@hvseetal.ch.

Nach dem Ersten Weltkrieg flammte im Seetal eine richtige Geschichtsbegeisterung auf, als Schlag auf Schlag Pfahlbausiedlungen am Hallwiler- und Baldeggersee, urgeschichtliche Grabstätten und römische Villen erforscht und ausgegraben wurden.

Das Zentrum dieser Bewegung befand sich in Seengen, breitete sich aber sehr schnell auf die umliegenden Gemeinden aus. Grabungen auf der Seenger Halbinsel Riesi, in Sarmenstorf, Seon und an anderen Orten begeisterten das Publikum und führten Heerscharen von Besuchern ins Seetal.

Auf Initiative von Bezirkslehrer Reinhold Bosch, Bezirkslehrer Hans Härri und Posthalter Arnold Hauri wurde am 27. September 1922 die Historische Vereinigung Seetal (HVS) in Seengen gegründet.

Zwölf Jahre inventarisiert

Das Historiker-Ehepaar Gertrud und Paul Wyrsch-Ineichen wurde vom HVS-Vorstand ersucht, das reichhaltige Vereinsarchiv zu sichten. Sie studierten Protokolle, Zeitungsartikel und Bildmaterial. Allein für die ersten zwölf Jahre inventarisierten sie 4500 Briefe und Postkarten.

Die Darstellung der Geschichte der Historischen Vereinigung Seetal beschränkt sich deshalb auf «Ein Blick zurück auf die Anfänge 1922–1933»: Die Zeitumstände nach dem Ersten Weltkrieg, die handelnden Personen, die oft spektakulären Ausgrabungserfolge, das Aufblühen der Vereinigung mit immer neuen Sektionen und bald gegen 1000 Mitgliedern.

Nicht fehlen dürfen natürlich die Archäologen, von denen berühmte Persönlichkeiten auch aus Deutschland im Seetal wirkten. Heftig wurde dabei gestritten über den Standort der Pfahlbauten im Wasser oder am Ufer, über das Alter dieser Siedlungen sowie die kulturelle Zuordnung der gefundenen Werkzeuge und Grabstätten.

Der Fall Hans Reinerth

Es wird erzählt, der deutsche Privatdozent Hans Reinerth habe nationalsozialistisches Gedankengut in seine Grabungen hineinprojiziert. Die vielen Briefe werden die Fachwelt weit über das Seetal hinaus interessieren, denn sie ergeben ein anderes Bild. Der brillante Archäologe gab wichtige Impulse, arbeitete fast umsonst, war sehr bescheiden und entsprechend beliebt.

Der engagierte Dozent führte seine Studenten mehrmals ins Seetal und die begeisterten Studienreiseteilnehmer baten ihren Chef inständig, künftig mehr Zeit in der Schweiz zu verbringen als im ungastlichen Italien. Erst als ihm aus persönlichen (und nicht fachlichen) Gründen jede Lehrstelle an einer Universität verwehrt wurde, trat der frustrierte Forscher der NSDAP bei, was nach Hitlers Machtergreifung seine Karriere sehr beförderte.

Viel Situationskomik

Auf 170 Seiten ist eine spannende Geschichte der neueren Zeit entstanden, die auch sehr viel Situationskomik enthält, so wenn Präsident Bosch bei seinem ersten Besuch der Sektion Aesch das Motorrad versagte und das Aufblühen der Sektion in Seon harzte.

Oder als ein Lehrer und neuer Sektionspräsident dem Vereinigungsvorstand mitteilte: «Da ich nun verheiratet bin und ein geordnetes Leben führe, kann ich mich in Zukunft der Sache besser widmen.» Die Jubiläumsausgabe der Historischen Vereinigung Seetal führt auf eine unterhaltsame Reise in eine vielschichtige und spannende Vergangenheit.

Römerstrasse und Kirchenjubiläum

Vom bronzezeitlichen Dorf zur römischen Fernstrasse: Sozusagen als Hommage an die Gründer der Historischen Vereinigung Seetal und Umgebung berichten Matthias Flück und Christian Meise, Kantonsarchäologie Aargau, über die wegweisenden Ausgrabungen von 2021 an der Hinterdorfstrasse Seengen.

Markus Remund schildert in «See­garten – Vergangenes zum Chalet im Schweizer Stil» die Geschichte der einst von Kurbadgründer Adolf Erismann für seine Familie erbauten Privatresidenz.

Mit dem Bau der heutigen Seenger Kirche vor 200 Jahren befasst sich der Aufsatz von Pfarrer Jan Niemeier. Er stellt die Baugeschichte aufgrund der Turmkugeldokumente der imposanten Kirche vor. Dabei werden auch die aktuellen Aufgaben der Kirchgemeinde erwähnt und damit die Tradition der Turmkugeldokumente aufgenommen.

* Daniel Humbel ist seit 2008 Präsident der Historischen Vereinigung Seetal und Umgebung

Internet: www.hvSeetal.ch.

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