Rüebli aus dem Online-Garten
Meisterschwanden Schweizer lieben die Gartenarbeit. Für viele bleibt der Traum vom eigenen Garten jedoch unerreicht. Was tun, wenn es trotzdem am grünen Daumen juckt? Ganz einfach: Virtuell gärtnern und real die Ernte einfahren. Raphaell Schär machts möglich.
Gärtnern ohne Garten? Das eigene Gemüse anbauen – online, bequem von der Couch aus? Raphaell Schär macht es mit seinem Start-up «MyFeld.ch» möglich. Auf der Online-Plattform des Meisterschwanders kann jeder einen virtuellen Gemüsegarten anlegen. Die Idee dahinter ist so gut wie einfach: Man wähle online eine Ackerfläche aus und pflanze dort Gemüse, Früchte oder Kräuter nach seinem persönlichen Geschmack.
Per Mausklick läuft jemand los und bestellt das Feld genauso, wie man es online geplant hat. «Frisches Gemüse vom eigenen Garten – egal, wo man wohnt. Das ist die Idee», sagt Schär.
Ab 55 Franken pro Monat
Schär erklärt: «Ein 16 Quadratmeter grosser Garten kostet einmalig im Jahr 605 Franken oder monatlich 55 Franken und bietet einen Jahresbedarf von Gemüse für etwa zwei bis drei Personen.» Von Brokkoli bis Zucchini kann frei nach Gusto gesetzt werden. Dann heisst es abwarten, bis die Ernte reif ist und nach Hause geliefert wird.
In der Zwischenzeit bietet eine Webcam jederzeit die Möglichkeit, dem eigenen Gemüse beim Wachsen zuzusehen. «Uns ist es wichtig, den fairen, saisonalen und heimischen Anbau von Gemüse zu fördern. Fair in Bezug auf eine faire Bezahlung der Landwirtschaft, einen fairen Umgang mit unseren Partnern und mit der Natur», sagt Schär und ergänzt: «Zudem möchten wir ein Bewusstsein dafür schaffen, wie und wann unser Gemüse wächst. Ein Rüebli darf auch mal krumm sein, und Erdbeeren im Dezember gibt’s nicht.»
1600 verkaufte Gärten
Digital Gemüse ernten, ohne sich die Hände schmutzig zu machen – die Idee ist nicht neu. Ein ähnliches Konzept existiert bereits seit einigen Jahren in Österreich. Im Vergleich zu «MyFeld.ch» wird dort das Feld vom Nutzer selbst gepflegt. Wer online vergisst zu giessen, lässt sein Gemüse verdursten. «Ich war vom Konzept der Österreicher angetan und wollte in der Schweiz etwas Vergleichbares anbieten», sagt der 36-jährige Gründer und ergänzt: «Mir war es aber wichtig, im Gegensatz zu Österreich ein Rundum-Sorglos-Paket anzubieten.»
Seit die Plattform «MyFeld.ch» Ende 2020 online ging, wächst die Gärtnergemeinschaft stetig an. Waren es am Anfang erst einige Freunde und Bekannte, fiebern mittlerweile über 1600 Hobbygärtner ihrer Ernte entgegen. Angebaut werden die Felder in Zusammenarbeit mit Schweizer Bauern an drei Standorten in den Kantonen Aargau, Solothurn und Schwyz, ein weiterer Standort in der Westschweiz ist in Planung.
Rüebli und Peperoni die Renner
Die Top-3-Verkaufsschlager sind laut Schär Karotten, Kartoffeln und Peperoni. Im Sommer sind auch Zucchinis sehr beliebt. Schwer haben es dagegen Kohlrabi und Auberginen – sie werden am wenigsten angepflanzt.
Schär betont, dass es ihm auch darum geht, den Menschen ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu vermitteln. Er will mit «MyFeld.ch» nicht nur Geld verdienen, er will auch aufklären. «Es wäre schön zu sehen, wenn mehr Leute wieder zu Selbstversorgern werden. Natürlich ist es am allerbesten, mit den eigenen Händen in der Erde zu buddeln. Wem jedoch der Platz, die Zeit oder der grüne Daumen fehlt, der ist bei «MyFeld.ch» am richtigen Ort.»