Farbenfrohes Auge-und-Ohr-Spektakel rund um die überperfekte Frau namens Angelina

Schloss Hallwyl Morgen Freitag feiert die Freiluft-Oper La Cenerentola im Schlosshof Premiere. Das Publikum darf sich auf ein von typischen Rossini-Klängen begleitetes modernes Märchen freuen.

<em>Bankett als Probe für die Töchter der Don Magnifico:</em> Essen-Szene in der Oper «La Cenerentola» von Gioachino Rossini im Hof von Schloss Hallwyl. Foto: Ingo Höhn

<em>Bankett als Probe für die Töchter der Don Magnifico:</em> Essen-Szene in der Oper «La Cenerentola» von Gioachino Rossini im Hof von Schloss Hallwyl. Foto: Ingo Höhn

<em>«Die Geschichte spricht für sich»:</em> Regisseur Johannes Pölzgutter während den Probearbeiten im Hof von Schloss Hallwyl. Foto: Fritz Thut

<em>«Die Geschichte spricht für sich»:</em> Regisseur Johannes Pölzgutter während den Probearbeiten im Hof von Schloss Hallwyl. Foto: Fritz Thut

<em>«Schon speziell»:</em> Christian Weidmann ist Künstlerischer Leiter der Oper. Foto: Fritz Thut

<em>«Schon speziell»:</em> Christian Weidmann ist Künstlerischer Leiter der Oper. Foto: Fritz Thut

Ab morgen Freitag verwandelt sich das Wasserschloss Hallwyl bis zum 25. August wiederum an 21 Abenden in eine Opernbühne. Die sechste Produktion in dieser idyllischen Umgebung ist nach der «Zauberflöte» vor drei Jahren erneut einem Klassiker der Operngeschichte gewidmet, Gioachino Rossinis «La Cenerentola».

Als Basis des Stücks dient das Märchen vom Aschenputtel, doch bei Rossini und demzufolge im Seetal fehlen hilfreiche Tauben und Wunder. Die Zuschauer dürfen sich gleichwohl auf einen zauberhaften Abend freuen. Der österreichische Regisseur Johannes Pölzgutter hat das Stück, das er nach eigenen Angaben kennt, seit er 13 oder 14 Jahre alt war, in die heutige Zeit verlegt, wobei die aufwändigen, farbenfrohen Kostüme von Janina Ammon verhindern, dass eine zu dichte Nähe zum aktuellen Umfeld entsteht.

Billiger sozialer Aufstieg

Der abgehalfterte Baron Don Magnifico (eindrücklich gespielt vom gebürtigen Mexikaner Noé Colin Arvizu) träumt vom Wiederaufstieg und will deshalb eine seiner herzigen, aber oberflächlichen Töchter, Clorinda oder Tisbe, mit Prinz Ramiro verkuppeln. «Es geht um den Wunsch, den sozialen Aufstieg mit relativ bescheidenen Mitteln zu vollziehen», sieht Pölzgutter hier das Grundsätzliche. Und fand eine Parallele bei den Fernseh-Castingshows, in denen sich junge Menschen alleine aufgrund ihres Äusseren Anerkennung, Ruhm und Wohlstand erhoffen.

Im Schloss Hallwyl geht es ebenfalls um Punkte, doch die Siegerin steht für das Publikum natürlich schon früh fest. Es ist Angelina, die von ihren Stiefschwestern Clorinda und Tisbe nur Cenerentola gerufen wird. Schon beim ersten Treffen mit Prinz Ramiro, hier noch als Diener verkleidet, funkt es zwischen den beiden.

Ramiro singt: «Un soave non so che in quegli occhi scintillò.» (Etwas Liebes, das ich nicht beschreiben kann, glitzerte in diesen Augen.) Und Angelina fragt sich in diesem Augenblick: «Io vorrei saper perché il mio cor mi palpitò.» (Ich möchte wissen, warum mein Herz so geklopft hat.»)

Die Antwort liefern die folgenden rund zwei Stunden. Die auch sängerisch äusserst anspruchsvolle Rolle Angelinas wird im Schloss Hallwyl abwechslungsweise von der Polin Wioletta Herbrowska und der Brasilianerin Josy Santos bravourös gemeistert. Die beiden Mezzosopranistinnen unterscheiden sich zwar in Herkunft und Körperbau, doch mit ihrem Charme und der überzeugend gespielten Bescheidenheit wickeln sie nicht nur Don Ramiro, sondern alle Zuseher um den Finger.

«Geschichte spricht für sich»

Anders als bei den obigen Gesangszitaten und bei Rossinis «Barbier» im Jahr 2012 muss das Publikum diesmal während den Aufführungen im Schlosshof auf übersetzende Unter- oder Obertitel verzichten. «Untertitel lenken nur ab», so Regisseur Pölzgutter und Christian Weidmann, der Künstlerische Leiter, doppelt nach: «Wer liest, verpasst viel vom Spiel.»

Gerade der Bekanntheit von «La Cenerentola» ist geschuldet, dass dieser Verzicht nicht ins Gewicht fällt. «Die Geschichte spricht für sich», ist der Regisseur überzeugt. Der gebürtige Wiener Pölzgutter, der von 2009 bis 2012 am Musiktheater Luzern gearbeitet hat, versteht Rossinis Aschenputtel als Gesamtwerk, bei dem alle Bereiche ineinander greifen müssen: «Das Schloss Hallwyl liefert eine tolle Kulisse, doch darf es wie auch das Geschehen auf der Bühne oder die Musik nicht überhandnehmen.»

An die erste Begegnung mit dem Schloss Hallwyl erinnert sich der Österreicher mit Schaudern. «Es war wohl im November; es war saukalt und hat geregnet.» Inzwischen ist Pölzgutter viele Male zurückgekehrt. Zuerst hat er sich mit Bühnenbildner Manuel Kolip die Szenerie und damit die Möglichkeiten angeguckt und liess sich von Betriebsleiter Martin Sulser erklären, was möglich ist und was nicht.

Nun sind der neue Orchesterkubus und das Bühnenbild mit dem überdimensionierten Glücksrad bereit. Das Duo widerstand der Versuchung die Hallwyl in ein Märchenschloss zu verwandeln, auch wenn der Stoff etwas Surreales hat: «Kein Mensch kann so gut sein wie Angelina», ist sich Johannes Pölzgutter sicher.

Termine und Tickets

Termine. Freitag, 27. Juli (Premiere); Samstag, 28. Juli; Sonntag, 29. Juli; Dienstag, 31. Juli; Donnerstag, 2. August; Freitag, 3. August; Samstag, 4. August; Dienstag, 7. August; Mittwoch, 8. August; Donnerstag, 9. August; Freitag, 10. August; Samstag, 11. August; Mittwoch, 15. August; Donnerstag, 16. August; Freitag, 17. August; Samstag, 18. August; Dienstag, 21. August; Mittwoch, 22. August; Donnerstag, 23. August; Freitag, 24. August; Samstag, 25. August (Dernière). – Aufführungsbeginn jeweils um 20 Uhr.

Tickets. In vier Kategorien für 135, 110, 85 und 55 Franken.

Vorverkauf. Online via www.operschlosshallwyl.ch. – Telefonisch über 0413111522 (Montag bis Freitag 8 bis 11 Uhr). – Am Schalter: Schloss Hallwyl, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr; Tourismus Lenzburg Seetal, Kronenplatz 24, 5600 Lenzburg, Montag 14 bis 18 Uhr, Dienstag bis Freitag 9 bis 11.45 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Samstag 9 bis 13 Uhr; aarau info, Metzgergasse 2, 5000 Aarau, Montag 13.30 bis 18 Uhr, Dienstag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, Samstag 9 bis 13 Uhr.<b/>

Wenn zwei Schwestern sich streiten…

Handlung Das Geschehen von «La Cenerentola» ist derart einfach gestrickt, dass man sich ganz ungezwungen dem Bühnengeschehen und der Musik hingeben kann. Clorinda und Tisbe sind zwei Schwestern, die – angetrieben von ihrem Vater Don Magnifico – mit ihren äusseren Reizen die Gunst von Prinz Don Ramiro erobern wollen. Ihre Stiefschwester Angelina spielt den Part der Guten, Hilfsbereiten und Bescheidenen. Don Ramiro und sein Hofstaat, der namentlich aus dem Diener Dandini und seinem Mentor Alidoro besteht, macht den jungen Frauen die Aufgabe nicht einfacher. Ramiro und Dandini vertauschen ihre Rollen und Alidoro tritt zeitweilig als Bettler auf. Die eigentlich überflüssigen Prüfungen zeitigen das erwartete Bild: Angelina und Ramiro bekommen sich und dem Prinzen ist das höfische Getue zuwider. (tf)

Protagonisten

Produktion. Regie: Johannes Pölzgutter. – Musikalische Leitung: Douglas Bostock. – Bühnenbild: Manuel Kolip. – Kostümbild: Janina Ammon. – Gesamtleitung: Christoph Risi. – Künstlerische Leitung: Christian Weidmann. – Technische Leitung: Ueli Binggeli.

Solisten. Angelina: Josy Santos und Wioletta Hebrowska. – Don Ramiro: John-Colyn Gyeantey und Mark Serdiuk. – Dandini: Alexandre Beuchat. – Alidoro: Yoshiaki Kimura und Michael Raschle. – Don Magnifico: Noe Colin Arvizu. – Clorinda: Leonor Amaral und Soo Yeon Lim. – Tisbe: Anna Nero.

«La Cenerentola» als erstes «Heimspiel» für den Künstlerischen Leiter Christian Weidmann

Musik Seit der ersten Oper in Schloss Hallwyl 2003 steuert argovia philharmonic den musikalischen Part bei. Ab der aktuellen Produktion wurde die Zusammenarbeit vertraglich noch vertieft und so ist Christian Weidmann, der Intendant von argovia philharmonic, neu Künstlerischer Leiter der Oper.

«Es ist schon eine spezielle Situation für mich», spielt Weidmann darauf an, dass er ausgerechnet in seiner Wohngemeinde diese neue Funktion ausüben darf. Seit 2012 ist er mit seiner Familie in Seengen wohnhaft.

Die neue Zusammenarbeit hat augen- und ohrenfällige Neuerungen gebracht. «Wenn wir uns steigern wollen, so muss man akustisch etwas verbessern», so schildert Weidmann die Ausgangslage vor der Produktion 2018. Herausgekommen ist die neue Position des Orchesters, das nicht mehr auf einem Podest über dem Schlosseingang, sondern neu in einem Kubus spielt, der gleichzeitig den nach vorne offenen Unterbau der Bühne bildet.

Mit dieser Disposition sind die rund 700 Plätze der Tribüne klanglich besser und ausgewogener abgedeckt, was vor allem bei den Pizzicato-Passagen von Rossinis «La Cenerentola» von Vorteil ist. Der Nachteil, dass Besucher in den vordersten Sitzreihen die Füsse der Bühnenakteure nicht sehen, soll nicht verschwiegen werden.

Durch die engere Kooperation ergab sich für das argovia philharmonic eine neue Position: «Wir sind nun konkret im Raum und generell in der Produktion besser gestellt», so Weidmann. Die Zusammenarbeit sei sehr gut, hält er fest. Die künstlerische und musikalische Leitung, aktuell Douglas Bostock, werden von der Oper übrigens getrennt verpflichtet. Weidmann blickt voraus: «Es ist in Zukunft nicht zwingend, dass der argovia-philharmonic-Chefdirigent die Oper dirigieren muss.» (tf)

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