Standortförderung haderte mit sich: Investieren oder Gemeinden entlasten?
Region Lenzburg Die Vorstandssitzung der Standortförderung Lebensraum Lenzburg- Seetal (LLS) sollte eine schicksalhafte Entscheidung mit sich bringen: «Wohin mit uns?» war das Credo. Denn in der Kasse schaut es zu gut aus, die Stimmung war aber angespannt.

Anlässe waren in den letzten Jahren kaum möglich. Die Rechnung 2024 zeigte, dass geringere Ausgaben für Personal und Sitzungsgelder anfielen. Dies hatte zur Folge, dass das Eigenkapital markant anstieg. Schon an der Sitzung im Mai 2024 wurde dieser Umstand thematisiert. Viele Gemeindevertreterinnen und -vertreter bewerteten dies negativ. Eigentlich sieht die Strategie des LLS vor, bei einer Überschreitung des Mindestkapitals die Mitgliederbeiträge im Folgejahr zu reduzieren. Das wollte der Ausschuss aber auf keinen Fall. Stattdessen verpflichtete er sich, bis zur Budgetsitzung am vergangenen Mittwoch Vorschläge zur Reduktion des Eigenkapitals um etwa 150000 Franken vorzulegen.
Beide Varianten effektiv
Nach einer Information zum öffentlichen Verkehr ging man zum Wesentlichen über: Wohin mit dem Klotz? Vorgeschlagen wurden zwei Varianten. Der Gemeindeammann von Seengen, Jörg Bruder, führte durch die Präsentation der Entwürfe. Der erste sah vor, die Gemeindebeiträge in den Jahren 2026 und 2027 zu reduzieren: von 5 auf 4 Franken beziehungsweise von 2.50 auf 2 Franken für Doppelmitglieder. Auch die Partnerbeiträge würden um 20 Prozent gesenkt. Inhaltlich bliebe die Standortförderung in dieser Zeit auf dem bisherigen Stand, grössere Diskussionen zur künftigen Ausrichtung wären ab 2026 Aufgabe des neuen Vorstands. Ab 2028 wäre eine Rückkehr zu den regulären Beiträgen vorgesehen. Die Alternative setzte auf einen anderen Ansatz: Das Eigenkapital soll gezielt für die Weiterentwicklung eingesetzt werden. 2026 wäre eine Potenzialstudie in den Bereichen Regionalentwicklung und Wirtschaft geplant, ab 2027 würden daraus konkrete Massnahmen umgesetzt. Die Gemeindebeiträge blieben dabei unverändert, die Partnerbeiträge lägen jährlich bei 42000 Franken. «Beide Varianten reduzieren das Eigenkapital in den nächsten Jahren», erläuterte Bruder.
Potenzialanalyse chancenlos
Aus der Dokumentation des Ausschusses geht hervor, dass die Standortförderung für Vorstand, Ausschuss, Beirat sowie Geschäftsstelle unbefriedigend war. Dementsprechend eröffnete sich die Debatte um das Luxusproblem. Hans Michael Kellner, Geschäftsführer der Messer Schweiz AG in Lenzburg und einer der grössten Geldgeber der Standortförderung, ergriff als Erster das Wort. Er sprach sich klar für die Variante mit der Potenzialstudie aus. Kellner, seit der ersten Stunde beim LLS dabei ist, sehe Bewegung in der Region: «Der Zug kommt langsam in Fahrt. Deswegen bin ich empfindlich gegenüber der Variante mit der Reduktion. So kommen wir in der Regionalentwicklung nicht vorwärts.» Die Idee der Potenzialstudie gefalle ihm sehr gut. Im Unternehmen sei dies vergleichbar mit einer «Marktstudie». Bei einer Annahme des Kürzungsvorschlags müsste er prüfen, ob das Geld der Messer Schweiz AG nicht besser anderswo investiert wäre. «Ich sehe die Potenzialanalyse als Chance für alle», schloss er ab. Eins vorweg: Keiner der anwesenden Gemeindevorstände wollte etwas von der Potenzialanalyse wissen. Für den Egliswiler Gemeindeammann Ueli Vögeli war die Offerte zu unpräzise. «Oder habe ich etwas verpasst?», fragte er in die Runde. Jörg Bruder war nicht nur als Moderator, sondern auch als Vorstandsmitglied anwesend. Er erkenne keinen Nutzen für seine Funktion als Gemeindeammann in der Potenzialanalyse: «Ich habe den Mehrwert nicht gefunden.» Jeanine Glarner aus Möriken-Wildegg wies darauf hin, dass man seit der Gründung des LLS rund 15 000 Menschen mehr in der Region habe und dafür auch Beiträge eingenommen würden. «Das sind etwa 73000 Franken im Jahr mehr als zur Zeit der Gründung. Und ich frage mich schon manchmal, was ich für dieses Geld als Gemeinde bekomme. Bis heute kann man mir nicht aufzeigen, wie viel Mehrwert die Standortförderung bringt.» Diese Überlegungen führten sie dazu, sich gegen die Potenzialstudie und für die Entlastung der Gemeinden durch Kürzungen auszusprechen – «zumindest vorübergehend».
Lukas Spirgi, Gemeindeammann von Leutwil, gab zu bedenken, dass die Heterogenität unter den Gemeinden hoch sei und daher nicht alle gleich von einer solchen Studie profitieren würden. Es sei schwer, sich unter diesen Voraussetzungen für die Investition einzusetzen. Nach weiteren Voten anderer Vorstandsmitglieder, die sich ebenfalls gegen die Version mit der Studie aussprachen, kam es zur Abstimmung. Alle waren für die Kürzungen. Nur der Lenzburger Stadtammann Daniel Mosimann sprach sich für die Investition des überschüssigen Eigenkapitals in eine Potenzialstudie aus.