Seifenidee in Kolumbien geboren

Niederlenz Nadja Oberhänsli nahm eine Auszeit, reiste nach Kolumbien und entdeckte die Seifenproduktion. Inzwischen kann sie Nobelhotels mit ihren Kreationen beliefern.

Hier entstehen die Rezepturen und die Naturseifen: Nadja Oberhänsli in ihrer Produktionsstätte. Foto: Melanie Bär
Hier entstehen die Rezepturen und die Naturseifen: Nadja Oberhänsli in ihrer Produktionsstätte. Foto: Melanie Bär

Nadja Oberhänsli steht in der alten Fabrikhalle im Hetex-Areal und drückt den Knopf des Warenlifts. Aus dem dritten Stock im Keller angekommen, legt sie eine mit Naturseifen gefüllte Kiste ins Auto. Kurz darauf fährt sie von Niederlenz Richtung Berner Oberland. Ein renommiertes Grandhotel hat die Seifen von ihr anfertigen lassen, die darin enthaltenen Kräuter stammen aus dem Biogarten des Hotels, sagt Oberhänsli während der Autofahrt.

Bis vor drei Jahren sah ihr Arbeitsalltag ganz anders aus: Statt in Handarbeit Seifen herzustellen und auszuliefern, war sie als Kommunikationscoach in Marketingabteilungen grosser Unternehmen tätig. «Nach 35 Jahren Arbeit wollte ich eine Pause und eine Standortbestimmung machen», sagt Oberhänsli. Sie entschied, an ihrem 50. Geburtstag kein Fest zu machen, sondern sich selbst mit einer zweijährigen Auszeit zu beschenken. Das war 2018.

Sie kündigte ihren Job und reiste nach Kolumbien, wo ihr Mann als Ingenieur mithalf, ein Kraftwerk aufzubauen. Er bat sie, ihm flüssiges Duschgel mitzubringen, weil dieses dort selten angeboten wird. In Kolumbien angekommen, machte sie sich vor Ort selbst auf die Suche nach Flüssigseife. Doch auch sie wurde nicht fündig. Stattdessen entdeckte sie unzählige handgemachte, feste Naturseifen.

Von altem Handwerk fasziniert

Solche hatte sie während ihrer Lehrzeit als Pharmaassistentin vor über 30 Jahren in einer Aarauer Apotheke selbst hergestellt. Sie war fasziniert, dass dieses alte Handwerk in Kolumbien noch so intensiv betrieben wird, und kaufte ein paar Exemplare. Als sie Wochen später wieder in der Schweiz war und ihre Auszeit genoss, studierte sie die Rezeptur und stellte in der kleinen Küche in ihrem Häuschen selbst welche her. Die entstandenen Muster verschenkte sie zu Weihnachten an Verwandte und Kollegen.

«Danach wurde ich so oft gebeten, ihnen die Herstellung zu zeigen, dass die Idee entstand, Workshops anzubieten.» Sie suchte Räumlichkeiten und fand im Hetex-Areal einen Vermieter, der ihr einen Raum mit einem zweijährigen Mietvertrag anbot. Normalerweise macht er keine so kurze Mietdauer. Als ihm Oberhänsli aber von ihrem befristeten Auszeitprojekt erzählte, war er so begeistert, dass er eine Ausnahme machte und sie im Frühjahr 2020 dort ihren ersten Workshop durchführte.

Doch schon bald war Schluss damit. Corona verhinderte die Durchführung von Veranstaltungen. «Stattdessen fragten mich die Leute, ob ich ihnen die Seifen verkaufen würde», sagt die 52-Jährige. Also begann sie, immer mehr davon herzustellen, anstatt andere dazu anzuleiten. Es sprach sich herum, dass in Niederlenz jemand Naturseife ohne chemische Zusatzstoffe herstellt. Die Nachfrage stieg, sogar Wiederverkäufer und Firmen meldeten sich bei ihr. Nach dem Lockdown bot sie jeden letzten Freitag im Monat in der Produktionsstätte einen Fabrikverkauf an. «Ohne ein einziges Mal eine Werbung zu platzieren, kamen immer Kunden.» Mittlerweile kann sie auch die Workshops wieder anbieten. Ein Teil der über Dutzend Kurse bis Ende Jahr ist bereits ausgebucht. Manche Firmen verbinden ihr Weihnachtsessen mit einem Anlass und stellen vorher ihre eigenen Seifen her. Andere lassen wie das Grandhotel aufs Unternehmen abgestimmte Seifen als Kunden- oder Mitarbeitergeschenke herstellen.

Eine Erfolgsgeschichte

Die zweijährige Auszeit ist mittlerweile vorbei. Doch Oberhänsli hat nicht vor, sich wieder anstellen zu lassen. Im Gegenteil: Sie hat den Mietvertrag im Hetex-Areal auf unbestimmte Zeit verlängert. Bisher lief das Geschäft so gut, dass sie die Investitionen decken und zwei Teilzeitmitarbeiterinnen anstellen konnte.

Die Auensteinerin ist selbst überrascht, was aus ihrer Auszeit entstanden ist. Sie glaubt, dass die Nachfrage so gross ist, weil viele Konsumenten auf nachhaltige, natürliche Produkte setzen und den Plastikabfall reduzieren wollen. Dem entspricht die in Papier verpackte Seife. Und wie stellt sie sich ihre Zukunft vor? «Mein Wunsch ist, dass mein Geschäft stetig weiterwächst. Ohne Druck, ohne Ziel, jedoch nicht planlos, sondern indem ich es laufen lasse. Es kommt gut, wie es kommt.»

Mittlerweile ist die Aargauerin im Berner Oberland angekommen. Sie lädt die Seifen aus und füllt die Kisten mit Salbei aus dem Hotelgarten. Der wird der nächsten Seife ihre besondere Note geben.

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