Kaffeegenuss made in Niederlenz
Niederlenz Wer die Lenzburger Altstadt kennt, der weiss auch, wo das «Don Camillo» ist. Doch seit einigen Wochen steht das Lokal leer; das «Don Camillo» zieht aufs Hetex-Areal ins benachbarte Niederlenz.
Dieser Duft. Dieses Aroma. Immer wieder strömt in der Rathausgasse frischer, aromatischer Röstgeruch durch die Gassen; hier wird geröstet, was die Säcke hergeben. Die Kaffeerösterei «Don Camillo» in der Lenzburger Altstadt hat Tradition: Seit 2020 werden hier feinste Bohnen schonend geröstet, sorgfältig gemahlen und als aromatischer Kaffee behutsam verpackt und verkauft.
Hinter «Don Camillo» steht Kaffee-Experte Marco Briotti. Er pflegt den direkten Kontakt zu den Plantagen in den Herkunftsländern und achtet auf transparenten und fairen Anbau sowie Nachhaltigkeit. Seine Kaffeebohnen bezieht der Kaffeeliebhaber direkt, fair und nachhaltig von Produzenten aus Brasilien, Guatemala, Äthiopien, Costa Rica oder Ecuador, um nur einige zu nennen. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wer sich so schnell nicht entscheiden mochte, konnte den Kaffee bis vor zwei Jahren in der hauseigenen Kaffeebar gleich probieren. Aufgrund der Energiesparkrise und der in die Höhe schnellenden Stromkosten beschloss Marco Briotti damals, die Kaffeebar bis auf weiteres einzustellen und sich auf die Rösterei und den Verkauf hochwertiger Kaffeemaschinen zu konzentrieren.
Bald schon lässt sich bei «Don Camillo» wieder Kaffee trinken und geniessen – aber nicht mehr in Lenzburg, sondern im Hetex-Areal in Niederlenz. Denn: «Don Camillo» ist umgezogen. Bereits Anfang März soll die offizielle Neueröffnung stattfinden. «Die neuen Räumlichkeiten in Niederlenz sind ideal für eine Rösterei mit Kaffeebar», freut sich der Kaffee-Experte Marco Briotti. Auf Kaffee verzichten müssen die Lenzburger derweil nicht: Ins Lokal an der Rathausgasse zieht demnächst das «Café Nikolina» ein.
Ein Ort zum Wohlfühlen
Mit der Wiedereröffnung startet «Don Camillo» in eine neue Ära – und setzt auf eine Mischung aus Gemütlichkeit, Genuss und Geselligkeit. Im Erdgeschoss des ehemaligen Werkstattgebäudes soll künftig Kaffee geröstet, verkauft und konsumiert werden. Ebenfalls vorgesehen ist, Seminare rund um Kaffee durchzuführen und Kaffeemaschinen zu verkaufen, zu warten und zu reparieren.
Nach einer kurzen, aber intensiven Umbauphase – unter anderem musste für die beiden mobilen Kaffeeröster eine neue Kaminanlage eingebaut werden – geht es nun an den Feinschliff und die Inneneinrichtung.
Herzstück des Lokals ist, neben den beiden Kaffeeröstmaschinen, die neue «Astoria Storm» – eine Kaffeemaschine, wie sie ihresgleichen sucht – sozusagen der Rolls Royce unter den Kaffeemaschinen. «Sie ermöglicht vielfältige individuelle Einstellungen und alle Möglichkeiten und Freiheiten, um auch noch das letzte Geschmacksmolekül aus der Bohne herauszuholen», freut sich Briotti über seine neuste Errungenschaft.
Bis zur Eröffnung Anfang März gibt es noch viel zu tun. Noch stehen Paletten und Kisten herum und die Lieferung der neuen, im «Industrial Chic» gehaltenen Barmöbel steht noch aus. Trotzdem: Die Stammkunden stört das nicht – sie haben den Weg nach Niederlenz bereits gefunden. Und auch sonst ist Marco Briotti hier scheinbar schon angekommen. «Ich habe hier bereits mehr Kaffeemaschinen verkauft als das ganze letzte Jahr in Lenzburg – und das noch vor der offiziellen Eröffnung», freut sich Briotti, für den Kaffee weit mehr ist als ein warmes, dunkles Getränk, das dafür gedacht ist, Koffein durch den Körper zu pumpen.
Für ihn ist Kaffe eine Religion. Oder zumindest eine eigene Kultur und Wissenschaft. Eine Kunstform, in der es um Mikroklima, Röstgrade, Temperatur und unzählige weitere Kriterien geht, die den Kaffeehorizont der meisten Leute übersteigen – nicht aber jenen von Marco Briotti. Dass Marco Briotti mit ganzem Herzen hinter den fair gehandelten Bohnen steht, schmeckt man mit jedem Schluck Kaffee. Im neuen Lokal stehen rund 30 Plätze zum Verweilen und Geniessen zur Verfügung – und gute Unterhaltung gibts meistens gratis dazu. Denn irgendwie dauert es nie lange und man ist im Gespräch.
Der Geschmack des guten Gewissens
Marco Briotti sind transparenter Kaffeehandel, schonendes Rösten und Zubereiten sowie bewusster Genuss und Wertschätzung für das Naturprodukt Kaffee wichtig. Denn es bleibt eine Tatsache, dass die Kaffeebohnen eben auf der anderen Seite der Welt wachsen. Das bringt Verantwortung mit sich.
«Jeder Akteur in der Wertschöpfungskette sollte anständig behandelt und fair entlohnt werden», so Briotti, der seine Kaffeefarmer regelmässig besucht und in engem Austausch mit seinen Kaffeebauern steht. Obwohl Kaffeefarmer in Nicaragua, Äthiopien, Guatemala, Peru oder eben auch Brasilien den Löwenanteil der Arbeit leisten, erhalten sie nach wie vor das wenigste Geld und werden von Grosshändlern ausgebeutet. Das ist Absicht, schliesslich sollen die Kunden in den westlichen Ländern ihren Kaffee im Supermarkt möglichst billig kaufen können, während die Händler daran trotzdem kräftig verdienen. «Dagegen setze ich mich vehement ein», sagt Briotti.
Kaffeepreis auf Allzeithoch
Hinzu kommt eine weitere besorgniserregende Entwicklung: Seit Monaten steigen die Preise für Rohkaffee erheblich. Hauptgrund dafür ist der Klimawandel. Bisher ist von der Teuerung hierzulande nur wenig zu spüren. Doch das könnte sich bald ändern, weiss Briotti. «Die Grosshändler brauchen zurzeit ihre Lager auf. Danach dürfte es zu drastischen Preisanpassungen kommen.»
Auch «Don Camillo» wird die Kaffeepreise in Zukunft wohl anpassen müssen – aber: «Wer fairen Kaffee kauft, setzt bei jedem Schluck ein Zeichen dafür, dass Kaffee ein wertvolles Lebensmittel und kein Fast Food ist.»