«Ein Wochenende ohne Aktenlesen»
Hendschiken Nach 13 Jahren im Gemeinderat, davon 4 Jahre als Gemeindeammann, wurde Sabina Vögtli-Fischer an der letzten Gemeindeversammlung mit grossem Dank für ihren Einsatz im Dienst der Gemeinde verabschiedet.

Sabina Vögtli ist eine Ur-Hendschikerin: Sie ist im Dorf aufgewachsen, wo ihre Eltern die Post führten, und hat, abgesehen von einem Studienaufenthalt in Italien, immer hier gewohnt. Sie kennt deshalb die Gepflogenheiten der Dorfgemeinschaft in- und auswendig.
Als Historikerin – sie hat Geschichte und Italienisch studiert – interessierte sich Sabina Vögtli natürlich auch für die Rolle der Frauen in Politik und Wirtschaft. Sie liebäugelte schon früh mit der SP, trat der Partei aber erst 2005 bei. Als sie in den Gemeinderat gewählt wurde, hiess es «Vögtli als erste Frau gewählt – und erst noch eine Linke», erzählt sie schmunzelnd. «Ich habe damals nicht gewusst, mit welcher Vielfalt an Themen man sich als Gemeinderätin beschäftigen muss.» Sie war nicht nur die erste Frau im Gemeinderat Hendschiken, sondern wurde vor vier Jahren auch als erste Frau ins Amt des Gemeindeammanns gewählt.
Öffentliche Sicherheit, Kultur und Vereine, Dorfpost, Umwelt und Friedhof – das waren ihre ersten Ressorts. Die Dorfpost ist ihr bis heute ein besonderes Anliegen geblieben, da sie eine Verbindung unter den Bewohnern herstellt. Als Ergänzung dazu wurde unter ihrer Leitung die erste Online-Dorfgeschichte geschaffen. «Geschichtsbücher sind jeweils nach kurzer Zeit überholt, online bleibt die Geschichte immer aktuell, denn sie kann ergänzt werden», erklärt sie. Ein Highlight in ihrer Gemeinderatstätigkeit war zweifellos die 850-Jahr-Feier (2010), die sie gemeinsam mit einem OK gestalten durfte.
Neue Ressorts, mehr Verantwortung
Mit dem Amt des Gemeindeammanns übernahm Sabina Vögtli vor vier Jahren neue Aufgaben: Personal, Organisation und Planung des Gemeinderates, Ortsbürger und Forst, Gewerbe, Landwirtschaftskommission – und das mit vier neuen Gemeinderäten. «Es war eine grosse Herausforderung, die Übersicht über alle Ressorts zu behalten, die neuen Gemeinderäte mit ihren Dossiers vertraut zu machen und sie in der ersten Zeit zu begleiten.»
Während der letzten zwei Jahre war das Hauptthema die Gesamtrevision der Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland. «Begonnen haben wir noch vor Corona mit einem Workshop, an dem über 50 Leute von 18 bis 80 Jahren teilnahmen. Dabei wurde ausführlich darüber diskutiert, wie sich das Dorf weiterentwickeln soll.» Damit war die Grundlage für die Nutzungsplanung geschaffen. «Ich musste mich richtig in die Materie reinknien», gibt Vögtli zu. Inzwischen ist der erste Schritt geschafft, das Mitwirkungsverfahren ist abgeschlossen, die Unterlagen liegen zur Vorprüfung beim Kanton. «Nun werde ich das Dossier meinem Nachfolger übergeben, doch die Kommission – ein gutes Team, das hervorragende Arbeit geleistet hat – bleibt bestehen. Aber ich werde das Thema natürlich weiterverfolgen.»
Neben der spannenden Arbeit gefielen Sabina Vögtli die zahlreichen Kontakte, zu denen sie dank ihres Amtes gekommen ist. «Man hat so die Chance, neue Ansätze, andere Blickwinkel kennenzulernen, mit wenigen Mitteln etwas zu gestalten, neue Themen einzubringen.» Als besonders wertvoll empfand sie die Geburtstagsbesuche bei Jubilaren im Dorf. «Es war faszinierend, ihre Geschichten zu hören und wie das Leben früher war.» Zu den positiven Aspekten zählt auch der regionale Zusammenhalt mit dem unteren Bünztal und dem Lebensraum Lenzburg-Seetal. Diese Vernetzung mit anderen Dörfern war ihr sehr wichtig. «Weniger schön war es, gewisse Entscheide vertreten zu müssen, die bei Einzelnen nicht gut ankamen. Da muss man lernen, die Kritik auf das Amt zu beziehen und nicht persönlich zu nehmen», betont sie.
Zeit für ausgedehnte Spaziergänge
Den Entscheid, als Gemeindeammann zurückzutreten, hat Sabina Vögtli schon Anfang Jahr gefasst. Einerseits hofft sie auf mehr Freizeit und Wochenenden ohne Aktenlesen, anderseits wird sie weiterhin im Parlamentsdienst des Kantons arbeiten, wo sie das Sekretariat der Grossratskommission Bildung, Kultur und Sport führt. Ausserdem wird sie für das Staatsarchiv des Kantons Tessin, für das sie über 20 Jahre gearbeitet hat, Mandatsaufträge ausführen. Nicht zuletzt freut sie sich auf ausgedehnte Spaziergänge mit ihrem Ehemann in der renaturierten Bünzlandschaft, die ihr immer besonders am Herzen lag.