«Der Graf von Luxemburg» verzaubert Möriken-Wildegg
Möriken-Wildegg Ein restlos ausverkaufter Saal, glänzende Stimmen und ein Ensemble in Hochform: Mit der Premiere von Franz Lehárs Operette «Der Graf von Luxemburg» erlebte Möriken-Wildegg am Samstagabend einen musikalisch und szenisch glanzvollen Auftakt, der das Publikum vom ersten Takt an begeisterte.
Manchmal genügt ein einziger Abend, um zu zeigen, wie leicht Kunst fliegen kann.Am Samstagabend hob sich in Möriken-Wildegg der Vorhang für Franz Lehárs Operette «Der Graf von Luxemburg» – und was sich danach entfaltete, war ein rauschender Auftakt voller Schwung, Charme und musikalischer Noblesse. Ein Abend, der nicht langsam in Fahrt kam, sondern vom ersten Takt an glitzerte, funkelte, vibrierte. Die Premiere war bis auf den letzten Platz ausverkauft – und das Publikum liess sich sofort mitreissen in ein Paris der Jahrhundertwende, in ein Spiel aus Liebe, Eitelkeit und gesellschaftlicher Maskerade.
Das Bühnenbild war ein kleines Kunstwerk für sich: barocke Anklänge, zarte Farbtöne, ein Hauch von rotem Samt, durchzogen von feinem Licht. Kein Übermass, sondern Atmosphäre – so präzise gesetzt, dass sich der Blick nie verlor. Die Regie verstand es, Lehárs Musik in Szene zu setzen, ohne sie zu bedrängen. Was auf der Bühne geschah, war Operette in Reinform – aber nie leichtgewichtig im falschen Sinn. Es war federnd, mit Witz und Herz zugleich.
Rund vierzig Mitwirkende standen auf und hinter der Bühne. Das Ensemble war ein Organismus – jeder wusste, wann er atmen, agieren, zurücktreten musste. Chor und Orchester arbeiteten Hand in Hand, das Timing sass, die Übergänge wirkten natürlich, und die Musik trug die Handlung mit jener beschwingten Eleganz, die Franz Lehár so unverwechselbar macht.
Raimund Wiederkehr feierte seine Wiederkehr
Im Mittelpunkt: Raimund Wiederkehr als René, Graf von Luxemburg. Für den Tenor war es ein Heimspiel mit Geschichte. Schon 2009 stand er hier in derselben Rolle – nun, 16 Jahre später, kehrte er zurück. Eine Wiederkehr im wahrsten Sinne des Wortes.
Raimund Wiederkehr verkörperte den charmant verarmten Adeligen mit feinem Humor, aufrechter Haltung und einer Stimme, die von der ersten Note an trug. Kein Pathos, keine Geste zu viel – stattdessen Noblesse mit Augenzwinkern. Sein Spiel war geschliffen, seine Präsenz souverän. Er liess den Grafen zwischen Ironie und Aufrichtigkeit schillern, ein Mann, der sein Schicksal mit einem Lächeln trägt. An seiner Seite Flurina Ruoss als Angèle Didier – temperamentvoll, klangschön, mit leuchtender Bühnenpräsenz. Ihre Stimme hatte jene Balance zwischen Kraft und Zartheit, die Operette verlangt. Sie machte aus der Sängerin, die durch eine Scheinehe zu einem Adelstitel kommen soll, eine Frau aus Fleisch und Blut, keine Projektionsfläche. Und das, ohne die Leichtigkeit zu verlieren, die Lehárs Musik in jeder Phrase atmet.
Die Geschichte, die das Publikum an diesem Abend fesselte, ist klassisch und clever zugleich: Ein verarmter Graf lässt sich aus Geldnot auf ein Geschäft mit einem russischen Fürsten ein. Er soll eine junge Sängerin heiraten – pro forma, gegen gutes Geld, unter der Bedingung, dass sie einander nicht begegnen. Drei Monate später ist die Scheidung geplant. Doch natürlich kreuzen sich ihre Wege – und sie verlieben sich Hals über Kopf, ohne zu ahnen, dass sie längst miteinander verheiratet sind. Das Chaos ist perfekt, die Komik fein dosiert, und am Ende triumphiert – wie es sich gehört – die Liebe.
Judith Lüpold glänzt als Gräfin Chollemüüs
Was diese Produktion so besonders macht, ist ihr Rhythmus. Es war, als schwebte alles auf einer Welle des gemeinsamen Spiels. Der Witz war nie schrill, die Romantik nie klebrig. Von Akt zu Akt nahm der Abend Fahrt auf, das Publikum lachte, seufzte, jubelte. Und dann – im dritten Akt – ein Auftritt, der alles krönte: Judith Lüpold als Gräfin Chollemüüs. Die aus Interlaken stammende Altistin zählt zu den herausragendsten Stimmen der Schweiz, und sie zeigte an diesem Abend, warum.
Mit präzisem Humor, fabelhafter Bühnenpräsenz und stimmlicher Fülle brachte sie den Saal zum Toben. Jeder Satz sass, jede Geste war pointiert, jeder Ton ein Genuss. Ihre Figur – exzentrisch, eitel, klug und komisch zugleich – wurde zum Magnet des Finales. Lüpold gelang es, den Abend zu vergolden, ohne zu dominieren.
Als der letzte Akkord verklang, hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Minutenlanger Applaus, Bravo-Rufe, Blumenregen. Es war einer dieser Abende, an denen alles zusammenpasst – Musik, Spiel, Timing, Herzblut. Die Premiere war schlicht ein Triumph.
«Der Graf von Luxemburg» zeigte, was Operette vermag, wenn sie ernst genommen und zugleich mit Humor gespielt wird: Sie ist leicht, aber nie belanglos. Sie ist vergnügt, aber voller Wahrheit. Und sie schafft, was nur wenige Kunstformen können – sie lässt den Alltag verschwinden für zwei schillernde, leuchtende Stunden.
Wer diesen Zauber erleben will, hat in den kommenden Wochen noch reichlich Gelegenheit dazu.
«Der Graf von Luxemburg» spielt noch bis Ende November im Gemeindesaal Möriken-Wildegg. Alle Vorstellungsdaten und Tickets unter www.operette.ch.