Brunegger Autor legt dritten Krimi vor
Brunegg Ein Toter an der Aare, Ermittlungen mit Tiefgang und Schauplätze, die man kennt – Roli Christen bringt mit seinem neuen Krimi Spannung in den Aargau. Sein drittes Buch rund um das Duo Hebel und Wachter verbindet Realität mit Fiktion – und Lokalkolorit mit Polizeiwissen.

Ein Toter auf einem Parkplatz bei der Aarfähre, Spuren in der Drogenszene und Ermittlungen mit Hürden – der neue Kriminalroman von Roli Christen führt das eingespielte Ermittlerpaar Hebel und Wachter dieses Mal nach Biberstein. Der Ort wurde nicht etwa aus persönlicher Verbundenheit gewählt, sondern weil er sich aus Sicht des Autors kriminalistisch gut in Szene setzen lässt: überschaubar, mit spezifischer Topografie, nah an grösseren Verkehrsachsen und dennoch ländlich geprägt. Ideal also für eine Geschichte, die sich zwischen Provinzidylle und organisierter Kriminalität bewegt.
«Ich kenne die Aarfähre von früher und dachte mir, dass da mit dem Parkplatz etwas zu machen ist», sagt Christen. «Eine spezielle Verbindung habe ich nicht – ausser, dass mir der Abschuss des Affen, der damals randalierte, noch gut in Erinnerung ist. Da war ich noch nicht so lange bei der Polizei.»
Die Handlung bleibt trotz fiktionalem Rahmen eng an der Realität – mit Schauplätzen und Situationen, wie sie der ehemalige Polizist in seinem Berufsalltag selbst erlebt hat. Roli Christen schöpft dabei aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung bei der Polizei: Observationen, verdeckte Ermittlungen, Drogenfahndung, Air-Marshal-Einsätze oder interne Untersuchungen – vieles, was im Krimi aufscheint, hat reale Bezüge. So basiert die Grundidee für die Handlung unter anderem auf einer persönlichen Begegnung mit einer Reinigungskraft, deren Mann tatsächlich in Haft sass – wegen Drogen. Auch der Einsatz von Kehrichtsäcken zur Aufdeckung von Delikten oder Anekdoten rund um die Fahndungspraxis auf Autobahnen finden sich in leicht veränderter Form im Buch wieder.
Zwischen Politik und Polizeialltag
Dass Christens Krimis auch gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen, ist kein Zufall. Der Autor nimmt etwa das Verhältnis zwischen Polizei und Parlament in den Fokus und verarbeitet damit eigene Erfahrungen aus einer Zeit, in der strukturelle Veränderungen und neue gesetzliche Rahmenbedingungen die Polizeiarbeit stark beeinflussten. «Das Parlament macht Vorschriften bezüglich der Arbeit der Polizei und deren Personalstärke, Finanzen werden dann jedoch nicht gesprochen», erklärt er. «Jetzt hat das Parlament wenigstens erkannt, dass es mehr Ressourcen braucht und hat Finanzen im Finanzplan aufgenommen.» Auch aktuelle Diskussionen zur Strafprozessordnung fliessen ein. Christen spricht offen von einem «Täterschutz» und schildert die Schwierigkeiten, mit denen Polizeiermittlerinnen und -ermittler konfrontiert waren, als juristische Vorgaben plötzlich von jungen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten durchgesetzt wurden – oft ohne Rücksicht auf die Erfahrung der langjährigen Kriminalbeamten. Aus diesen Erfahrungen speist sich auch die Figur Hunziker, der zunächst bei der Kripo arbeitet, bevor er Staatsanwalt wird – ein Idealbild, wie es laut Christen in der Realität öfter der Fall sein sollte.
Ein eingespieltes Duo
Die beiden Hauptfiguren Hebel und Wachter haben sich über die drei Bände hinweg weiterentwickelt: Aus Kolleginnen und Kollegen sind Lebenspartner geworden, eine gemeinsame Wohnung ist in Sicht. Ihre Beziehung bleibt aber eher Randnotiz – im Zentrum steht die Polizeiarbeit, glaubwürdig, unaufgeregt und fundiert erzählt. Es geht um akribisches Arbeiten, ums Durchhalten, ums Scheitern und um den langen Atem, den Ermittlungsarbeit verlangt.
Die grösste Herausforderung beim Schreiben? Für Christen liegt sie weniger in der Recherche – «polizeiliche Recherchen musste ich keine machen, da war mir noch alles bekannt» –, sondern in der exakten Planung der zeitlichen Abläufe. Wann geschieht was? Wie viel Zeit vergeht zwischen Tat, Spurensicherung, Befragung und Durchsuchung? Diese dramaturgische Taktung verlangt Präzision. Schauplätze hingegen recherchiert er akribisch. Ob es um Wegzeiten zu Fuss von Lugano nach Bellinzona oder um Zugverbindungen ab Neuchâtel geht – die geografische Genauigkeit ist ihm wichtig. Dabei setzt er bewusst auf wiedererkennbare Orte im Aargau, um Leserinnen und Leser stärker in die Geschichte hineinzuziehen.
Ein Krimi mit Bodenhaftung
Roli Christen schreibt seit Mitte der 1990er-Jahre, zunächst Geschichten aus dem Polizeialltag, später Krimis. Mit seinen Büchern will er keine Hochglanz-Thriller liefern, sondern Geschichten, die im Alltag verankert sind – mit echten Problemen, echten Schauplätzen und glaubwürdigen Figuren. Der vierte Fall von Hebel und Wachter ist bereits in Arbeit – und führt das Duo ins Mettauertal und über die Landesgrenze hinaus. Theaterstücke schreibt Christen übrigens auch – aber momentan liegt sein Fokus klar auf spannungsgeladener Kriminalliteratur mit Aargauer Bodenhaftung.
«Der Tote an der Aare» von Roli Christen. Buch, Hardcover, 200 Seiten. Verlag: Books on Demand. Preis: 30 Franken.