Blumengeflüster in historischen Räumen
Möriken-Wildegg Neun Meisterfloristen lassen sich von den historischen Räumen im Schloss Wildegg inspirieren. Ihre floralen Kunstwerke sind bis Sonntag, 15. August, im Rahmen von «Blumengeflüster» im Schloss zu sehen.
Die Blumenkünstler haben sich in die bewegte und faszinierende Geschichte des Schlosses vertieft und sich von einem ausgewählten Raum, einem bestimmten Gegenstand oder einer besonderen geschichtlichen Begebenheit «verführen» lassen. Das Kunstwerk und das florale Gegenüber treten in einen spannungsvollen Dialog, der die kunsthistorisch reiche Beziehung von Blumen und Kunst in neuer Weise aufgreift und thematisiert.
Manuela Fischer ist seit vielen Jahren Floristin auf Schloss Wildegg. Auf einem Rundgang durch die Ausstellung spürte man die Begeisterung und die Freude, mit denen sie ihre Arbeit täglich ausführt. Denn viele Räume im Schloss sind das ganze Jahr über mit wunderschönen Blumenarrangements geschmückt – entstanden in den Händen von Manuela Fischer. «Blumen bringen Leben in die Räumlichkeiten», beschreibt sie kurz und bündig ihren Job.
Blumen sprechen lassen
Früher wurden im Schlosskeller Lebensmittel und Speisen aufbewahrt. Andreas Geissmann aus Dänikon setzte sich mit dem aktuellen Thema «Überfluss und Mangel» auseinander. Hinter vielen grünen Kisten, die einen leeren Supermarkt symbolisieren, verweist hingegen ein mit Blumen und Gemüse gefülltes Horn auf Wohlstand und Freigiebigkeit. Im Salon, der der Familie Effinger über mehrere Generationen als Wohnzimmer diente, haben Myrta Frohofer aus Unterengstringen und Philipp von Arx aus Olten einen wunderbaren Blumenschmuck hingezaubert. Könnte Johanna Katharina Sophia Effinger-von Graffenried die Augen öffnen, sie würde staunen ob der herrlichen farbenfrohen Blütenpracht. Philipp von Arx ist Geschäftsführer von Blumen & Garten von Arx AG, der auch der Blumenladen am Kronenplatz in Lenzburg gehört.
Evelyn Krebs aus Zürich verstand es meisterhaft, die Geschehnisse in der Salis-Stube, die von Leben und Tod geprägt sind, durch ihre florale Interpretation aufzuzeigen. Hunderte gepresste Stiefmütterchen hängen an der Decke, die grünen Gefässe bringen einen Knalleffekt in die Stube. «Die lange Vorbereitungszeit war schon enorm», meinte Evelyn Krebs, «aber wenn ich die strahlenden Augen der Besucher sehe, freue ich mich ebenso mit.»
Im Eckzimmer wurde Albrecht Friedrich, der Sohn von Sophie von Erlach-Effinger, aufgebahrt. Er starb 25-jährig an Lungenschwindsucht. Claudia Morgenthaler aus Wiedlisbach hat das Leid der Familie beispielhaft umgesetzt. Die Rosen symbolisieren Liebe und Freude, verbunden mit Schmerz, dargestellt durch die handgetöpferten Vasen aus Mangan-Ton von Lydia de Iorio aus Langenthal.
Als Trockenraum genutzt?
Manuela Fischers Rundgang führte vom Keller bis hinauf ins Turmzimmer, begleitet von Hinweisen auf viele versteckte Schönheiten im ganzen Schloss. Vorbei am Gastzimmer (Urs Iten, Wettingen), am Dienstmädchenzimmer (Katrin Riedwyl, Spiez) und vorbei am Roten Estrich (Peter Schwitter, Buochs) führt eine schmale Treppe noch einen Stock höher ins Turmzimmer mit der prächtigen Aussicht.
Das Turmzimmer gehört zum ältesten Baubestand des Schlosses, Teile des Mauerwerks sind noch aus der Anfangszeit des 13. Jahrhunderts, und diente vermutlich als Trockenraum für Früchte, Blumen und Leintücher. Gianna Stefanini, Zürich, hat in Anlehnung an die ursprüngliche Funktion ein hängendes Objekt mit trocknendem Strandflieder gestaltet. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit Flowers to Arts und Museum Aargau organisiert als Ersatz für die wegen der Pandemie ausgefallene Ausstellung im Aargauer Kunsthaus in Aarau.
Herausforderung für die Macher
Rudolf Velhagen ist Mitbegründer von Flowers to Arts und Chefkurator Sammlungen und Ausstellungen Museum Aargau. Auch er war hell begeistert und erstaunt, wie sich alle Künstler von den Räumlichkeiten und deren Bewohner inspirieren liessen. «Im Gegensatz zu den Ausstellungen im Kunsthaus ist das hier im Schloss eine noch höhere Herausforderung an die Macher», sagte Rudolf Velhagen bei der Besichtigung des prächtigen Blumenschmuckes im Salon, «die Raumsprache, das Licht und die Ambiance stimmen überall perfekt überein.»
Infos unter www.museumaargau.ch/schloss-wildegg.