Bald Malz aus heimischer Produktion
Möriken-Wildegg Wasser, Hopfen, Malz und Hefe – mehr Zutaten braucht ein Bier nicht. Meist stammt einzig das Wasser aus der Region, der Rest wird importiert. Dies will Christoph Nyfeler ändern: Er baut in Möriken-Wildegg die grösste Mälzerei der Schweiz.
Beim Betreten der Baustelle der ersten Schweizer Grossmälzerei steigt einem der kräftige Duft von frischem Holz in die Nase. «Für den Rohbau der 40 x 25 Meter grossen Werkshalle wurden rund 700 Kubikmeter Holz aus dem Lenzburger Wald verarbeitet», erklärt Bauherr Christoph Nyfeler von der Schweizer Mälzerei AG und ergänzt: «Regionalität war von Anfang zentral fürs Projekt. Als Lenzburger war für mich wichtig, auf Regionalität zu setzen und beim Bau ausschliesslich Handwerker aus der Region zu berücksichtigen.» Nach sechs Monaten Bauzeit soll das Werk Mitte September in Betrieb genommen werden.
«Mein Team hat sich unermüdlich dafür eingesetzt, den straffen Zeitplan umzusetzen. Ohne den Einsatz von allen Beteiligten, darunter auch Kanton und Gemeinde, wäre dies nicht möglich gewesen», sagt er und weist auf die beinahe bodenhohen Fenster in Ähren-Optik hin, die das Werk mit Tageslicht füllen und die klare Handschrift des Niederlenzer Architekturbüros Atelier Barras tragen.
Der Strom kommt vom Dach
Auf dem Dach der Grossmälzerei wird es laut Nyfeler eine 1200 Quadratmeter grosse Solaranlage geben. „Solarstrom ist ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltige und verantwortungsvolle Produktion zum Wohl der Umwelt», sagt der CO-Präsident IG Klima-Zukunft Lenzburg. Ziel sei es, in den Frühlings- und Sommermonaten rund 80 Prozent des eigenen Strombedarfs durch Solarenergie zu decken. Den Restbedarf deckt die Mälzerei mit Bio-Erdgas von den Städtischen Werken Lenzburg ab.
Schweizer Malz aus der Region
Am Anfang war das Korn. Schon die ersten Ackerbauern der Jungsteinzeit haben gelernt, das Korn flüssig zu machen, um es als Bier zu geniessen. Am Prinzip hat sich nichts geändert, auch wenn die Dimensionen einer heutigen Mälzerei dem Steinzeitmenschen wohl Respekt abgenötigt hätten.
Obwohl die Schweiz eine Biernation ist und über die besten Bedingungen verfügt, um Braugerste anzupflanzen, wird das Getreide hierzulande kaum angebaut. Genau da setzt Nyfeler an. «Ich bin davon überzeugt, dass es Zeit ist, die Wertschöpfungskette für die Bierherstellung in der Schweiz aufzubauen.» Gemeinsam mit Matthias Müller, Abteilungsleiter Landwirtschaft Kanton Aargau, sei deshalb vor knapp eineinhalb Jahren die Idee einer eigenen Grossmälzerei entstanden. «Ein wichtiger Bestandteil des Projekts bestand im Anbau von Braugerste. Hierzu haben wir bereits letztes Jahr mit dem Anbau von rund 200 Hektaren Hopfen und Gerste in der Deutschschweiz, darunter auch viele Flächen in der Region Lenzburg, begonnen», erklärt Nyfeler.
Bereits im Herbst soll das Werk mit drei 10-Tonnen-Anlagen in Betrieb genommen und die Braugerste erstmals zu Malz veredelt werden. «Dank modernster Technik wird es möglich sein, das teils biozertifizierte Malz pro Charge bis auf die einzelnen Felder zurückzuverfolgen», sagt Nyfeler. Bei guter Auslastung könnte eine zweite Mälzerei in einem anderen Kanton dazukommen. «Erste Gespräche hierzu fanden bereits mit den Kantonen Baselland und Baselstadt statt», verrät Nyfeler.
Ab November gibts das erste Malz
«Wir sind im Zeitplan», sagt Nyfeler und ergänzt: «Anfang Oktober planen wir eine Eröffnungsfeier, das erste Malz wird ab November zur Verfügung stehen.» Abnehmer dafür gibt es laut Nyfeler einige. «Wir sind konstant im Gespräch mit potenziellen Kunden. Dazu gehören neben Brauereien auch Lebensmittelbetriebe», sagt Nyfeler und erklärt: «Malz wird nicht nur zur Bierherstellung verwendet, sondern ist auch ein wichtiger Bestandteil in Backwaren. Backmalz wird zurzeit zu 100 Prozent importiert – das wollen wir ändern.» Obwohl Schweizer Malz im Vergleich zur Importware rund drei Mal teurer ist, seien viele Produzenten interessiert.
Nicht zuletzt deshalb, weil Schweizer Malz mit kurzen Transportwegen, hoher Qualität und Regionalität trumpfen kann. «Schlussendlich bestimmt der Konsument, welche Rohstoffe der Bierbrauer verwenden soll und ob er bereit ist, für sein Bier einige Rappen mehr zu bezahlen», sagt Nyfeler.