Zahl und Artenvielfalt bei Schmetterlingen sind bedroht
In der Schweiz kommen rund 1400 Tag- und Nachtfalterarten vor. Der Lenzburger Claude Müller ist ein ausgesprochener Kenner der Schmetterlinge. Er weiss aber auch um den eklatanten Rückgang der Falter.
Wer kennt es nicht, das Bild von Sonne, Sommer und einer Blumenwiese, die von Schmetterlingen besucht wird, leichtflügelig über die Blüten tänzelnd. Schmetterlinge zählen mit ihrer Farbenpracht zum Schönsten, was uns die Natur bieten kann.
Für die Menschen stehen die Schmetterlinge für Romantik und positive Gefühle und sind vermutlich die populärste und bekannteste Insektengruppe der Schweiz. Schmetterlinge gehören nach den Käfern zur grössten Insektenfamilie. Es gibt weltweit rund 160000 Arten auf allen Kontinenten. Von den Tagfaltern lassen sich in unserer Gegend noch rund 40 Arten zählen.
50 Prozent auf der Roten Liste
Glücksgefühle und Romantik auf der einen, höchst bedenkliche Zahlen auf der anderen Seite. Schmetterlingsexperten schätzen, dass im Jahr 1900 bis zu 100 mal mehr Faltermengen als heute vorhanden waren. Seit 1900 sind aber 95 Prozent der Blumenwiesen verloren gegangen, allein seit 1990 rund 30 Prozent.
Hecken verschwinden, Feuchtgebiete wie Moore, naturnahe Flusslandschaften und Seeufer sind beeinträchtigt oder zerstört worden. Hänge und Wiesen verbuschen, da ihre Bewirtschaftung zu aufwendig wurde.
Der Lenzburger Claude Müller spricht nach einem grossflächigen Einsatz mit Pestiziden gar von totem Land. Zudem wird laufend bestes Kulturland überbaut. Im intensiv bewirtschafteten Kulturland haben höchstens noch ein Dutzend Arten eine Überlebenschance. Über 50 Prozent der Arten sind auf der Roten Liste der gefährdeten Arten des Bundesamtes für Umwelt zu finden.
Rückgang nicht gestoppt
Dank dem Aufschrei von Experten und der Wissenschaft in 80er-Jahren über die negativen Naturentwicklungen, dank den seitherigen grossen öffentlichen Anstrengungen zur ökologischen Förderung der Artenvielfalt und dank dem Umdenken vieler Landwirtschaftsbetriebe und Privater konnte die Abnahme der Schmetterlinge im Mittelland etwas gebremst, aber nicht gestoppt werden.
Die Bemühungen des Lebensraums Lenzburg Seetal und der Stiftung Kultur Landschaft Aare Seetal (Klas) können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gegensteuer ist mehr als gefragt und bitter notwendig.
Streifzug zu den Schmetterlingen
Der Lenzburger Claude Müller hat als Bub gelernt, eine Schmetterlingssammlung anzulegen. Er erinnert sich noch gut, wie er entlang des Bahndammes auf Jagd ging. «Diese Beschäftigung ist heute natürlich kein Thema mehr, Kameras haben die Fangnetze abgelöst», erklärt der passionierte Schmetterlingskenner.
Für die Beobachtung mit dem Feldstecher und neue Entdeckungen muss man vor allem Geduld haben und den gegenwärtigen Augenblick in der Natur geniessen können.
Der Streifzug mit Claude Müller führte entlang des Waldes im Wildenstein, in die Bannhalde zum Chaibegarte, zu den Hecken von Lukas Häusler und zur Blumenwiese von Brigitte Vogel. Die Schmetterlinge spüren, wo sie sich wohl- fühlen können und willkommen sind.
Schwalbenschwanz, Kleiner Kohlweissling, Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, C-Falter, Kaisermantel, Grosses Ochsenauge, Hauhechel-Bläuling und Schornsteinfeger: Das sind die vorgefundenen Falter. In den vergangenen Jahren hat Claude Müller das Studium über die Schmetterlinge wieder intensiviert. «Das literarische Wissen über die Falter ist seit meiner Schulzeit breiter und tiefer geworden», sagt Müller.
Dass in den etlichen naturnahen Flächen hinter dem «Gofi» mehrere Arten gesichtet werden konnten, darf nicht über den verloren gegangenen Reichtum an Faltern und die bedrohte Artenvielfalt hinwegtäuschen.