Schatzkammer

Maracaibo um 1895.Foto: Postkarte zvg
Maracaibo um 1895.Foto: Postkarte zvg

Jahrzehnte, bevor der Schlachtruf «Hono-Lulu» erfunden wurde und sich in die DNA der Jugendfestgemeinde einnisten konnte, wurde die Lenzburger Tradition in die Hafenstadt Maracaibo exportiert. Wie das?

Folgender verblüffender Zufallsfund aus der musealen Sammlungs- und Forschungstätigkeit vermochte zuweilen dem allzu beschäftigten Museumsdirektor ein Schmunzeln hervorzuzaubern. Hier sei auf eine Passage aus einem Brief der bedeutenden Lenzburger Philosophin Olga Plümacher an Frank Wedekind vom 23.12.1883 verwiesen. Zuvor muss man den folgenden Zeilen vorausschicken, dass ihr Ehemann, der deutsche Schiffskapitän Eugen Plümacher, als amerikanischer Consul General in Maracaibo bestrebt war, das Kadettenwesen einzurichten. Also berief er sich auf Quellen, die Olga aus Lenzburg und Aarau besorgte. Das ging so:

Der junge Frank Wedekind, auf Schloss Lenzburg aufgewachsen, war einst Lenzburger Kadettenleutnant. So sollte er Olga die nötigen Drucksachen «durch einen Buchhändler beschaffen, «oder sei es durch die Gefälligkeit eines der ‹Häuptlinge› der das Cadettenwesen obsorgenden Schulbehörde». Olga scheint die Tatsachen gekannt zu haben und fährt im Brief fort: «Du bist ja ein geplagter Waffenträger gewesen und kennst daher gewiss die Haupthähne auf diesem Gebiete, und wenn du ihnen den süssen Brei um den Bart streichst: es sei die Vorzüglichkeit des Lenzburger resp. Aarauer Cadettenwesens sogar in Venezuela wohl bekannt, so werden sie dir gewiss zum Nöthigen verhelfen.»

Das obige amüsante Zwischenspiel veranschaulicht einmal mehr, wie sehr die Lenzburgerinnen seit jeher Schlüsselrollen innehatten und die internationalen Fäden in einer damals vermeintlich noch vornehmlich von Männern dominierten Welt zogen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen bald schon einen inspirierenden Ausstellungsbesuch und viel Lesevergnügen, wenn sich Ende Oktober die Türen und Buchdeckel öffnen zu «Pionierinnen, Künstlerinnen, Denkerinnen».

«Schatzkammer». Hier stellen Mitarbeitende des Museum Burghalde Lenzburg jeweils spannende Geschichten und originelle Fundstücke vor.

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