Mit einem Gymnastikabend in Lenzburg hat alles angefangen
Behindertensport Seit 42 Jahren fördert und fordert der Behinderten-Sportclub Wohlen-Lenzburg (BSCWL) geistig und körperlich behinderte Menschen. Begonnen hatte alles im Oktober 1976 mit zehn Personen und einem sportlichen Abend in Lenzburg. Mittlerweile zählt der Verein über 120 Aktive und zwei Dutzend Betreuer. Ein aufschlussreicher Blick zurück in die Gründungsjahre.
In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist die Sprache eine andere als heute. Am 6. April 1976 gründet eine Handvoll Personen auf Initiative der beiden Sportleiter Ruedi Wenger und Jeannine Bruhin den «Wohler Invaliden-Sportclub». Wenger übernimmt das Präsidium, Bruhin amtet als TK-Chefin. Mit neun Aktivmitgliedern startet man, ein halbes Jahr später nehmen bereits zehn geistig Behinderte unter der Leitung von Heinz Hug und Alfred Zobrist am ersten «Gymnastikabend» in Lenzburg teil. «Der Verein ist schnell gewachsen, sportliche Angebote für behinderte Menschen gab es damals noch sehr wenige», sagt Walter Nöthiger, aktueller Präsident des BSCWL.
Ein Jahr nach der Gründung, an der ersten offiziellen Generalversammlung des jungen Vereins im Frühling 1977, darf Präsident Wenger bereits 41 Aktiv- und 39 Passivmitglieder begrüssen. Ein Jahr später spricht man nicht mehr vom Invaliden-Sportclub, der Name wird geändert zu Behinderten-Sportclub Wohlen-Lenzburg.
Auch auf der Skipiste erfolgreich
Unter der Leitung von Wenger – er fährt mit einem Bein äusserst erfolgreich Skirennen – entwickelt sich der Verein blendend. Im Jahr 1984 erweitert der Verein sein Sportangebot. Neu leitet Walter Streit in Lenzburg einmal pro Woche ein Basketballtraining. Nach den ersten beiden Freundschaftsspielen ist klar: Ab sofort will man zwei Turniere pro Jahr absolvieren. Frohe Kunde kommt derweil aus den USA. Der Othmarsinger Rollstuhl-Athlet Martin Frey trumpft an den Paralympics in New York gross auf und sichert sich in den Disziplinen Speerwerfen, Kugelstossen und Diskuswerfen jeweils Gold. Im Schloss Lenzburg feiert der BSCWL 1986 sein zehnjähriges Bestehen und die Stadtmusik bringt dem auf über 100 Mitglieder angewachsenen Verein ein Ständchen. Im Vorstand tut sich einiges: Gründungspräsident Wenger tritt ab, es übernimmt Walter Streit.
Unihockey löst Sitzball ab
Mitte der 80er-Jahre schwappt die Unihockey-Welle von Schweden herkommend in die Schweiz. Das Spiel mit Stock und löchrigem Plastikball fasziniert auch die Verantwortlichen des BSCWL. Im Herbst 1992 legen sie schliesslich mit einem internen Turnier den Grundstein zur späteren Durchführung des grossen Unihockey-Turniers, welches am kommenden Samstag, 24. November, zum elften Mal in der Wohler Junkholz-Turnhalle ausgetragen wird. Mit dem Aufkommen des Unihockey-Booms verliert Sitzball mehr und mehr an Bedeutung. Im Jahr 1996 zählt die einst stolze und erfolgreiche Mannschaft gerade noch drei Mitglieder. Ein Zusammenschluss mit der Sitzballgruppe Baden kommt nicht zustande, damit scheint das Schicksal des Sitzballsports in der Region Lenzburg besiegelt zu sein.
Gänzlich anders präsentieren sich die Zukunftsaussichten für die Leichtathleten. Im Februar 1999 beschliessen die Mitglieder des BSCWL an der Generalversammlung, zehn Anteilscheine à je 200 Franken der Genossenschaft Athleticum Wohlen zu kaufen. Ein cleverer Schachzug, denn so sichert sich der BSCWL Trainingszeit in der 2004 eröffneten Sportanlage Niedermatten. «Das erleichtert uns die Trainingsgestaltung enorm. Seither haben wird Top-Voraussetzungen und können fokussiert trainieren», so die aktuelle Vizepräsidentin Marlis Meier. Und: Die behinderten Sportlerinnen und Sportler können inmitten der anderen Leichtathleten des TV Wohlen trainieren. Integration auf höchster Stufe, sozusagen. Und so starten im kommenden März sechs Athletinnen und Athleten des BSC Wohlen-Lenzburg an den World Summer Games 2019 in Abu Dhabi (diese Zeitung berichtete).
Sport für jeden Geschmack
Der Behinderten-Sportclub Wohlen-Lenzburg (BSCWL) zählt aktuell 124 Aktive und 22 Leiter und Leiterinnen sowie Helfer. Damit ist er hinter Zofingen der zweitgrösste der insgesamt acht aargauischen Klubs für geistig und körperlich behinderte Sportlerinnen und Sportler. Aber bei weitem nicht der älteste, Behindertensport Aarau wurde bereits 1964, also zwölf Jahre vor dem BSCWL, ins Leben gerufen. Der BSCWL bietet seinen Mitgliedern folgende Sportarten an: ein wöchentliches Schwimmtraining (im Hallenbad Mellingen), vier polysportive Trainings, Radfahren (April bis Oktober), Unihockey für Kinder/Jugendliche und geistig Behinderte, Leichtathletik (Frühling bis Herbst) sowie Seniorenturnen. (rubu)