Flucht in die Zukunft
Wir Menschen leben oft in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Die Auseinandersetzung mit der Gegenwart wird so verhindert. Nur, die Flucht aus dem Hier und Jetzt bietet selten kreative Lösungen.
Ein unlösbar scheinendes Problem, eine schwierige Nachricht, schmerzhafte Situationen werden oft ganz automatisch durch gedankliches Abschweifen entschärft. Wissenschafter gehen davon aus, dass gedankliches Abschweifen Schmerz verringert, da die Hirnregion, in welcher Schmerz entsteht, so weniger aktiviert wird.
Einige Psychologen vertreten den Standpunkt, dass den Menschen das Leben im Hier und Jetzt generell schwerfällt. Die Zukunft scheint verlockender als der Blick auf den Moment. Martin Seligmann, ehemaliger Präsident der American Psychological Association, beschreibt daher in seinem Buch von 2016 den Homo Prospectus. Planen, projektieren, abmachen scheinen uns glücklicher zu machen als das Verweilen im Moment. Im Idealfall finden wir einen ausgewogenen Mix zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. «Das Einzige, was uns über unser Elend hinwegtröstet, ist die Ablenkung, und doch ist sie unser grösstes Elend», dies schrieb schon Blaise Pascal in seinen Penseés. Das Aushalten des Moments, der kluge Umgang mit unserer Ressource Zeit bedingt jedoch Übung. Verweilen in der Stille, Balance zwischen Tun und Sein. Das regelmässige meditative Geistestraining unterstützt einen positiven Veränderungsprozess. Wissenschaftliche Erkenntnisse verdeutlichen, Achtsamkeit ist kein Hype, sondern eine Lebenseinstellung. Achtsam leben ist das klare Wertebekenntnis, sich, seinem Leben und dem grossen Ganzen bewusst Sorge zu tragen.
Tipp: Viele Untersuchungen zeigen, dass die gedankliche Flucht aus der Gegenwart eine schwierige Situation nicht besser macht. Wer in der Gegenwart bleibt und aktuelle Gefühle wie Angst, Wut oder Trauer bewusst wahrnimmt, steht bereits am Anfang der Lösung.
«Tipp zum Alltag». Hier schreiben Dozenten des CAS-Studienlehrgangs Achtsamkeit in Lenzburg jeweils über psychologische Aspekte im Alltag. Die Autoren Horst Hablitz, Thomas Jenelten, Jörg Kyburz und Volker Schulte wechseln sich ab.