Die Vorfreude auf die Weltspiele steigt
Lenzburg In Berlin finden vom 17. bis zum 25. Juni die Special Olympics statt. Über 7000 Athleten gehen in der deutschen Hauptstadt an den Start. Einer von ihnen ist der Lenzburger Patrick Nöthiger.
Dafür, dass es sich dabei um die weltweit grösste inklusive Sportveranstaltung mit 7000 Athleten und 20000 freiwilligen Helfenden handelt, ist der Grossanlass in der Öffentlichkeit verhältnismässig unbekannt. Während bei den Paralympics Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung an den Start gehen, sind es bei den World Games Menschen mit einer geistigen oder psychischen Beeinträchtigung.
Von Lenzburg ins Olympiastadion
Derzeit bereitet sich Athlet Patrick Nöthiger fleissig auf den Grossanlass vor: Zwei- bis dreimal in der Woche geht der in Lenzburg wohnhafte Sportbegeisterte ins Training auf die Niedermatten in Wohlen ins Training. «Ich habe schon immer gerne Sport getrieben», erinnert sich Nöthiger. «Erst habe ich geklettert, später bin ich dem Behinderten-Sportclub Wohlen-Lenzburg beigetreten, bei welchem ich bis heute aktiv bin.» 2007 nahm Nöthiger erstmals an den World Games teil, welche seinerzeit in Shanghai durchgeführt wurden. Die Spiele finden alle acht Jahre statt. Nöthiger konnte bereits einige Erfolge verbuchen: In Shanghai gewann der 39-Jährige Gold im Weitsprung, bei den Weltspielen in Los Angeles 2015 Silber über 1500 Meter und Bronze im 4-mal-100-Meter-Staffellauf.
Neben der Leichtathletik spielt er auch noch Unihockey und ist seit einem Jahr begeisterter Triathlet. Auch der Ironman 70.3 hat es ihm angetan – letztes Jahr ist er seinen ersten in Rapperswil gelaufen. Dieses Jahr steht eine weitere Premiere auf dem Programm: Er will im Herbst in Luzern zum ersten Mal einen ganzen Marathon laufen. «Ich liebe neue sportliche Herausforderungen», sagt Nöthiger.
Premiere über 10000 Meter
Lange war seine Spezialdisziplin der 1500-Meter-Lauf. Seit einiger Zeit aber sind die längeren Läufe, etwa 5 oder 10 Kilometer, seine Lieblingsdistanzen. «Ich habe gemerkt, dass ich mein Potenzial auf Langstrecken besser entfalten und mehr aus mir herausholen kann», so der Athlet. Im Juni wird er erstmals neben zwei weiteren Disziplinen über 10000 Meter laufen. Sein Ziel: «Es wäre schön, wenn es noch einmal mit einer Medaille klappt, aber wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm. Für mich ist es vor allem wichtig, meine Leistung abzurufen und den Lauf zu beenden.»
Er möchte ein Vorbild sein
Der 39-Jährige steht im weiss-roten Trainingsanzug und mit einem zufriedenen Lächeln auf der Rennstrecke auf der Trainingsanlage Niedermatten in Wohlen. Ob er sich auf die Special Olympics freut? «Sehr», kommt es wie aus ihm herausgeschossen. In wenigen Wochen geht es für ihn und sein Team los, gemeinsam mit weiteren sieben Athleten des Behinderten-Sportclubs Wohlen-Lenzburg und drei Coaches. Erst geht es mit dem Bus nach Karlsruhe, wenige Tage später weiter nach Berlin, wo am 17. Juni die Eröffnungsfeier stattfindet. «Ich bin schon etwas aufgeregt, aber ich freue mich sehr auf Berlin», sagt Nöthiger. Coach Irène Heinrich ergänzt: «Für die Athleten ist es grossartig, dass sie sich an den Weltspielen mit anderen Sportlern messen können. In der Schweiz spielen sie bereits in der Top-Liga.» Die Schweizer Delegation umfasst insgesamt 107 Sportler.
Trotz seiner angeborenen Lernschwäche hat der in Lenzburg wohnhafte Sportler nach seiner IV-Ausbildung eine EBA-Lehre als Unterhaltspraktiker im Altersheim St. Martin in Muri absolviert und mit Bestnoten abgeschlossen. Dass er einst ein erfolgreicher Leichtathlet sein würde – genau wie die Teilnahme an den Weltspielen –, das hätte sich Patrick Nöthiger in seiner Jugend nicht vorstellen können. «Ich möchte ein Vorbild für andere sein und zeigen, dass man auch mit einer Beeinträchtigung Grossartiges leisten kann, wenn man an sich glaubt», sagt Nöthiger.
Special Olympics: Spiele der Einzigartigkeit
Vom 17. bis 25. Juni finden die Special Olympics World Games in Berlin statt. An der weltweit grössten inklusiven Sportveranstaltung werden sich 7000 Athleten aus 170 Nationen in 26 Sportarten miteinander messen. Die Weltspiele für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung sollen zu gleichberechtigter Teilhabe in der Gesellschaft über den Sport hinaus beitragen. Eröffnet wird das grösste Multisportereignis in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 mit der Eröffnungsfeier am Samstag, 17. Juni, im Berliner Olympiastadion. Die Schweiz wird mit rund 100 Athleten an der Veranstaltung vertreten sein. Romi Schmid