10 Jahre Polizeichef: «Klar aufzeigen, was möglich ist und was nicht»
Vor 10 Jahren trat Ferdinand «Ferdi» Bürgi seine Stelle als Polizei- und Sicherheitschef in Lenzburg an. Seine Bilanz zum Dienstjubiläum fällt positiv aus, auch wenn ihn gesellschaftliche Trends bewegen.

Die letzten zehn Jahre kommen mir vor wie zehn Monate.» In seinem Büro im «Malaga-Haus» an der Niederlenzerstrasse in Lenzburg zieht Polizeichef Ferdi Bürgi Bilanz seiner Tätigkeit im Dienste der Region. Als Chef der Regionalpolizei (Repol) Lenzburg ist er verantwortlich für die Sicherheit von über 57000 Einwohnern. Dieser Wert ist grösser als die Einwohnerzahl von Biel – und dies ist immerhin die zehntgrösste Stadt der Schweiz.
Dass die Zeit wie Flug verging, ist sicherlich der Tatsache zu verdanken, dass bei der Polizeiarbeit kein Tag dem andern gleicht. Dies entspricht dem Naturell von Ferdi Bürgi: «Ich ging keinen einzigen Tag frustriert zur Arbeit.» Am Morgen kann man nie wissen, was der Tag bringt. «Mit der grossen Abwechslung», so Bürgi, «wird einem nie langweilig.» Was für Polizisten generell gilt, trifft in vermehrtem Masse auf den Chef zu: «Jede Minute hat für mich eine neue Herausforderung parat. Die Fülle der Aufgaben ist mannigfaltig, aber gerade deshalb interessant.»
Abgeklärt, aber empfindsam
Angesichts der zahlreich wartenden Überraschungen strahlt der 57-jährige Ferdi Bürgi eine aussergewöhnliche Ruhe aus. Mit mittlerweile über 30 Jahren im Polizeidienst hat sich eine gehörige Portion Abgeklärtheit angesammelt; ihn kann nicht mehr so viel erschüttern.
Eher erstaunt nimmt man daher zur Kenntnis, dass er neben «loyal», «offen», «diplomatisch», «respektvoll», «ehrgeizig» auch «empfindsam» bei seinen Eigenschaften auflistet. Den «grossen Gerechtigkeitssinn» darf man ja bei einem Polizeikader eher als gegeben betrachten.
Aber was hat einen routinierten Kantonspolizisten (am Schluss Einsatzleiter bei der Mobilen Einsatzpolizei in Schafisheim) bewogen, vor zehn Jahren zur Repol Lenzburg zu wechseln? Er habe damals «nicht krampfhaft eine neue Herausforderung gesucht», konnte aber der Verlockung, etwas Neues anzupacken, nicht widerstehen.
Mit der Wahl im Jahre 2007 kamen ganz neue Aufgaben auf Ferdinand Bürgi zu. Er wurde zum «Geschäftsleiter» einer Regionalpolizei. Mit seiner Anstellung fiel auch eine Umstrukturierung zusammen. Ab jenem Jahr durchlaufen alle Polizisten (Kapo und Repol) die gleiche Grundausbildung und schliessen diese mit der eidgenössischen Berufsprüfung ab. Entsprechend hoch waren die Anforderungen, die Bürgi an seine Mannschaft stellte und durchsetzte. «Wir wollten etwa den hohen Standard bei der Tatbestandesaufnahme erreichen», so der neue Chef.
Auf Augenhöhe
Die Konsolidierung des dualen Systems bezeichnet der Lenzburger Polizeichef als positivstes Erlebnis seiner Tätigkeit: Inzwischen begegnen sich die Polizisten der verschiedenen Korps auf Augenhöhe. Bürgi: «Das Verhältnis zur Kapo ist gut.»
Als Repol-Polizeichef ist man viel näher bei der Politik. «Mit den Behörden bin ich immer gut ausgekommen», zieht Bürgi Bilanz: «Der Stadtrat als Anstellungsbehörde hat mir auf operativer Ebene nie dreingeredet.» In den Verhandlungen mit den Stadt- und Gemeindevertretern müsse er schon hie und da «die Bedürfnisse der Repol hart vertreten», zeigt sich der Polizeichef konsequent: «Man muss klar aufzeigen, was möglich ist und was nicht.»
Dieser Grundsatz gilt nicht nur für den Umgang mit Politikern, sondern auch mit den «Kunden», mit denen die Polizei sonst zu tun hat. Für Bürgi sind seine Mitarbeiter nicht Bussenverteiler und Bestrafer, sondern Produzenten von Sicherheit. «Dies geht aber nur, wenn wir präsent sind, auf den Strassen, in den Dörfern und Quartieren.»
Diese öffentlich sichtbare Präsenz konnte dank Patrouillenmanagement und der Aufstockung, nicht zuletzt mit der Übernahme der Repol Seetal, gesteigert werden: «So konnte das Sicherheitsgefühl der Bürger stets erhöht und verbessert werden.»
Der Respekt sinkt
Die Regionalpolizei Lenzburg sieht sich laufend mit neuen Herausforderungen konfrontiert, oder wie es Ferdinand Bürgi formuliert: «Es ist nicht alles rosarot.»
Die gesellschaftliche Entwicklung beobachtet der Repol-Chef mit Sorge. Mehr Menschen, mehr Konsum, mehr Tempo. «Das geht alles nicht mehr auf und führt zu einer Reduktion des Respekts auf allen Ebenen», so Bürgi. Um dem begegnen zu können, hat Bürgi klare Erwartungen an sich und sein Team: «Die Polizei muss offen, flexibel und innovativ bleiben, um ohne Verzug auf Phänomene reagieren zu können.»