Wie aus einem Abfallprodukt Kleider und Öle entstehen

Lenzburg Auch aus «Abfall» lässt sich Schönes und erst noch Nachhaltiges herstellen. Wie das geht, kann man im Torffaser-Atelier in der Kirchgasse hautnah erleben.

Hauchen einem Abfallprodukt am Webstuhl neues Leben ein: Clemens und Anita Borter sowie Anne Günther. Foto: Carolin Frei
Hauchen einem Abfallprodukt am Webstuhl neues Leben ein: Clemens und Anita Borter sowie Anne Günther. Foto: Carolin Frei

Was um alles in der Welt sind Torffasern, mag sich der eine oder andere Leser fragen. Diese Fasern sind die im Moor gewachsenen und konservierten Überreste der Blattscheiden des Scheidigen Wollgrases. Schon in alten Zeiten haben Menschen die heilenden Kräfte aus dem Moor erkannt und genutzt. Genau dies tut das Torffaser-Atelier auch heute. «Unsere Torffasern holen wir bei einem Torfverarbeiter in Belgien ab. Sie fallen in seinem Betrieb als Nebenprodukt bei der Torfsortierung an. Diese Fasern sind zwischen 500 und 1000 Jahre alt und sollen über heilende Kräfte verfügen», sagen Anita und Clemens Borter, die das Atelier im Herzen der Lenzburger Altstadt seit 2007 betreiben.

Aufwändige Produktion

In den drei Werkstätten in Lenzburg entstehen damit Stoffe, die je nach Auftrag zu Kleidung, Schals oder Wolldecken geschneidert werden. «Fast alle unsere Produkte werden bei uns in liebevoller Handarbeit hergestellt», betonen die beiden. Bei der Produktion kommen verschiedene Arbeitsprozesse zum Zug. Erst stehen das Reinigen und Veredeln der Torffasern sowie das Waschen und Färben der Wolle mit Pflanzenfarben und das Mischen der Wolle mit den Torffasern auf dem Programm. Danach werden Vliese aus Torffaser-Wolle oder Torffaser-Seide hergestellt. Die Vliese werden seit fünf Jahren von kleinen Spinnmaschinen versponnen und diese Garne auf den Webstühlen zu edlen Stoffen verarbeitet, die angenehm zu tragen sind. Nebst Stoffen werden auch Vliese zu Bettdecken oder Sohlen verarbeitet. Die Schafwolle stammt von lokalen Schafzüchtern, die Seide von der Vereinigung der Schweizer Seidenproduzenten «swiss silk». «Uns ist wichtig, mit nachhaltigen und regionalen Produkten zu arbeiten», betonen die Borters. Auch Pflegeöle werden produziert. Dafür werden hochwertige Mandel- und Olivenöle verwendet. In einem dreiwöchigen Verfahren werden die Öle mit den veredelten Torffasern und Heilpflanzen belichtet und rhythmisiert.

Tag der offenen Tür

Am Samstag, 21. Oktober, von 10 bis 17 Uhr kann man dem Team etwa beim Verspinnen der Torffasern oder beim Stanzen der Sohlen über die Schultern schauen. Zudem erfahren die Besucher, wie mit Heilpflanzen gefärbt wird. Es finden verschiedene Führungen statt. Treffpunkt ist im Torffaser-Atelier in der Kirchgasse 25, Lenzburg.

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