Salzkorn: «Unglaublich» ­anders

Melanie Solloso
Melanie Solloso

Derzeit haben wir Besuch aus der Schweiz und dieser kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. «Unglaublich» sei das, wie hier gelebt werde. Unser Gast führt mir wieder einmal vor Augen, wie gross die Unterschiede Schweiz/Philippinen tatsächlich sind. Das Fleisch und der Fisch am Markt, die in ihrer Urform präsentiert werden, die Stromausfälle, das Verkehrsgewusel, die grosse Arm-Reich-Schere, die fremde Sprache, die heimatlosen Tiere, der Abfall am Strassenrand, die stundenlange Warterei in der Bank und für Papierkram – alles Dinge, bei denen ich nicht einmal mehr mit der Wimper zucke. Dass das so ist, zeigt mir, dass ich ein Stückweit mehr angekommen bin.

Aber kommt man als Auswanderer je wirklich ganz an? Auch nach fünf Jahren im neuen Land komme ich bei gewissen Dingen noch ins Stolpern. Wie kürzlich bei der Schuleinschreibung der Kinder. Als ich feststellte, dass ich die Deadline verpasst hatte, fühlte sich das an wie eine mittlere Katastrophe. «Na, dann machen wir das jetzt», hiess es unkompliziert von der Schulseite. Dass mich ein verpasster Termin so in Aufruhr versetzte, konnte hier niemand nachvollziehen. Gewisse kulturelle Eigenschaften lassen sich wohl nur schwer ablegen, obwohl sie im neuen Heimatland nicht mehr gebraucht werden.

Bei anderen fällt es mir leichter. Bei der Pünktlichkeit beispielsweise. Kürzlich hatten wir ein grosses Fest, angesagt für 15 Uhr. Bereits um Viertel vor drei bemerkte unser Gast: Es sei noch nichts auf dem Tisch und «die Leute kommen doch bald». Schmunzelnd stellte ich fest, dass ich die Ruhe selbst war, kein bisschen nervös über das noch fehlende traditionelle Spanferkel oder die vielen Gerichte, die noch am Kochen waren. «Das ist okay», beruhigte ich. «Die Leute kommen erst, wenn das Essen parat ist.» Und so war es dann auch.

Tatsächlich liebe Schweizer: Es klappt auch ohne Pünktlichkeit!

 

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