Salzkorn: Von «Selfmade»-Drachen und so
Mit dem Herbst, der unweigerlich naht, verbinde ich nicht nur grau und nass, sondern auch bunte Blätter und Wind, viel Wind. Wind, den es braucht, damit Drachen zum Himmel steigen können. Als Kind habe ich jeden Herbst einen Winddrachen gebaut, erst mit Hilfe meines Vaters, irgendwann ganz alleine. Wenn ein solches «Selfmade»-Teil wegen Schieflage nicht so wollte, wie es sollte, hatte mein Vater immer eine Lösung parat, um es flugtauglich zu machen.
Alles ohne Internet. Für mich heute schwer vorstellbar, denn ich mache mich nur noch über die Datenautobahn schlau, wenn ich etwas nicht weiss, nicht kann. Manchmal ist jedoch improvisieren, sich eigene Gedanken zur Lösung machen gefragt. Etwa, als mir beim Zusammenbauen eines Hochbeets die Klemme fürs Rad in den Spalt zwischen zwei Gartenplatten fiel. Einen tiefen Spalt. Irgendwie hätte ich die Klemme vielleicht «bergen» können, doch dem filigranen Ding habe ich eh nicht wirklich vertraut. Mit stabilem Draht liess sich das fehlende Stück wunderbar ersetzen. Elegant siehts nicht aus, aber es erfüllt den Zweck.
Den Zweck erfüllen musste kurz darauf auch die «Reparatur», die ich am Rollator meiner Mutter vornahm. Die Schraubenmutter am Hinterrad war weg, hatte sich vermutlich auf dem Ausflug Stunden zuvor gelöst, und war nirgends zu finden. Selbstverständlich war es keine, die man einfach so im Werkzeugkoffer hat. Ein Gehen ohne Rollator ist für meine Mutter unmöglich. Improvisieren, sich eigene Gedanken machen war wieder Thema, zumal es bereits Abend war, das Fachgeschäft mit Alltagshilfen für Senioren geschlossen. Zum Glück gibt es Clips, mit denen sich Beutel verschliessen lassen. Eine solche Plastikklemme passte genau auf die Radschraube. Und zwar so, dass sich das Rad drehen, aber nicht herausspringen konnte. Einfach perfekt. Von Euphorie beflügelt – sollte ich mich wieder an einen Drachen wagen?