Salzkorn: Entscheiden

Fritz Thut
Fritz Thut

«Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.» Die Aufforderung von Aschenputtel an die Tauben im Märchen ist klar; die Vögel haben zwischen zwei Varianten zu entscheiden. Im neuen Aargauer Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, deren Anhörung seit letzter Woche läuft, wird die Möglichkeit geschaffen, dass Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) «vollautomatisierte Entscheide in erstinstanzlichen Verfahren fällen» können.

Nicht Tiere oder Technik, sondern meistens wir Menschen müssen Entscheide fällen. Nonstop und jederzeit. Das Leben besteht aus lauter Entscheiden. Jeder Handlung geht ein solcher Prozess voraus. Selten bewusst, meistens instinktiv. Soll ich den Weg zum Feierabendschoppen zu Fuss, mit dem Velo oder gar mit dem Auto zurücklegen? Kriterien gibt es viele – vor allem wenn man den anschliessenden Heimweg noch in die  Überlegungen einbezieht. 

Wir, die wir in einem uns nicht bewussten Schlaraffenland leben, müssen uns Tag für Tag die Frage stellen: Was gibt’s zum Zmittag, was zum Znacht? Filet oder Cervelat? Mit Gemüse oder Salat? Mit welcher Sauce? Italienisch, französisch? Einfacher wird’s nur, wenn Resten aufgebraucht  werden sollen; «Menü du frigidaire» heisst dies bei uns. 

Solche Fragen, die nur die eigene Person oder das unmittelbare Umfeld betreffen, sind noch einfach zu bewältigen; die Konsequenzen sind  überschaubar. Viele Entscheide betreffen jedoch auch andere und sind entsprechend schwerwiegender, denken wir nur an Wirtschaft und Politik. War der Ball in oder out? Gelb, rot? Im Sport heisst der Entscheider Schiedsrichter; in der Kultur Jury. Über ihre Verdikte wird oft diskutiert. Generell ist’s einfacher, wenn klare Kriterien die Richtschnur der Beurteilungen sind.

Aber Streitfälle gibt es immer; solche, die die KI nicht richten kann. Gestern war Jurysitzung zur Bestimmung der Besten des Lega’22-Leserfotowettbewerbs dieser Zeitung …

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