Interurbane Gespräche
1880 wurde das erste Schweizer Telefonbuch gedruckt, mit 99 Einträgen. Seit Kurzem können die historischen Verzeichnisse online durch-stöbert werden
(historic.localsearch.ch). Lenzburg findet erstmal 1888 Erwähnung, als Teil der Telefonregion Zürich. Ein Jahr später tauchen erste Firmeneinträge auf: «Bertschinger & Co., Colonialwaaren», «Bertschinger, Baumeister, Bureau», «Elsner, Bierbrauerei, zum Schlossberg, Bierhalle Häusler», «Felsenkeller, Bierbrauerei, Comptoir», «Güterexpedition, S.C.B., Bahnhof», «Häusler & Langenbach, Cartonage», «Heer, D., Gasthof zur Krone» oder «Hemmann & Schwarz, Eisenhandlung». Die «direkt mit Aarau und Brugg» verbundene «Zentralstation Lenzburg» hatte eine «Dienstzeit» von «7, resp. 8 Uhr morgens bis 9 Uhr abends», und die «Taxen für interurbane Gespräche per 3 Min. Dauer» bewegten sich zwischen 50 Cts. (nach Bern) und 80 Cts. (nach Zurzach). Ab 1892 erscheinen weitere prominente Namen aus der Lenzburger Wirtschaftsgeschichte, wie «Henckell & Roth, Konservenfabrik», «Hünerwadel-Ringier, Bleicherei und Appretur», «Hypothekar- und Leihkasse», «Langenbach J., Cartonnage» oder «Zweifel Alfred, Malaga-Kellereien». Bei den Privateinträgen sticht «Jessup, A.E., Schloss Lenzburg» heraus; der Amerikaner hatte damals die Burg gekauft und für seine Gattin Lady Mildred herrichten lassen. Nachzutragen gilt noch, dass es heute weltweit sieben Milliarden Telefongeräte gibt, Ende 2022 der Druck von Schweizer Telefonbüchern eingestellt wurde und aktuell ca. 3000 Lenzburger Einträge in Onlinedatenbanken verzeichnet sind. Und vielleicht nimmt ja der Stadtrat den Begriff «interurbane Gespräche» neu auf, um zum Telefon zu greifen und den kooperativen Austausch über die Stadtgrenzen hinaus zu intensivieren – damit das dynamische Möriken-Wildegg (neues Schulzentrum, neuer Bahnhof usw.) Lenzburg nicht noch weiter den Rang als Regionalzentrum abläuft.
Peter Buri, Lenzburg