Das neue Leben

Fritz Thut
Fritz Thut

Es ist wunderschön, wenn der Geburtstag auf den ersten Tag der Herbstferien fällt. Es ist noch viel schöner, wenn es der 65. ist und die Ferien nun ewig dauern. Das neue Leben als Pensionär hat vor wenigen Tagen begonnen. Und ich kann schon sagen: Es gefällt mir.

Die Tagesabläufe sind anders. Vorbei die Zeiten, als das mit eiserner Disziplin eingehaltene, halbstündige Morgentraining werktäglich um 5 Uhr begann. Zur früheren Workout-Zeit drehe ich mich nun friedlich auf die andere Seite und nehme noch ein Mützchen Schlaf.

Vorbei auch die Zeiten, als im Büro der Arbeitstag am Computer damit begann, beim Mailprogramm die Standardschriften auf meine Bedürfnisse zu ändern: «Times New Roman 14» statt «Verdana 10». Ich will schliesslich, dass meine Mails gelesen werden können und kein Empfänger zur Lupe greifen muss.

Ich habe nie begriffen, wie die IT-Abteilung meines Arbeitgebers darauf kam, bei allen «Kisten» diese Einstellung bei jedem Neustart zurücksetzen zu lassen. Bei meinem neuen privaten Laptop bin ich mein eigener Meister; niemand pfuscht mir drein.

Wie oft in den letzten Jahren habe ich gehört, dass es schwierig sei, mit Pensionierten einen Termin zu finden? Weniger Spielraum als Exekutiv-Politiker hätten die vermeintlichen Ruheständler. Meine erste Woche in diesem Status ist nicht halb so schlimm, wie mir vorher erzählt wurde: Statt gefühlt Dutzende von Terminen und Verpflichtungen vorher finde ich nur fünf Einträge in der Agenda. Dazu kommt das tägliche Kochen, das ich aber extrem gerne mache.

Neben dem routinemässigen Besuch bei der Podologin gibt es vier Anlässe im kulturellen und gesellschaftlichen Bereich; also alles durchaus Angenehmes. Bei der Buchvernissage, die ich als Privatperson besuchte, habe ich sogar meinen Nachfolger getroffen – arbeitend.Fritz Thut, ­ehemaliger Redaktionsleiter

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