Schatzkammer: Eine Holztruhe und das verhängnisvolle Jahr 1572

Rolle unklar: Holztruhe von Landvogt Hans Gyder aus dem Jahr 1572. Foto: Museum Burghalde
Rolle unklar: Holztruhe von Landvogt Hans Gyder aus dem Jahr 1572. Foto: Museum Burghalde

Alles begann mit dem Titel der Kolumne «Schatzkammer» und dem Stöbern in der Ausstellung. Über welches Objekt könnte es sich lohnen, etwas genauer zu recherchieren? Die Wahl fiel intuitiv auf eine kleine Holztruhe. Eine Schatztruhe vielleicht? Sie soll dem Berner Landvogt Hans Gyder gehört haben, der von 1571 bis 1577 auf Schloss Lenzburg waltete. 

Die Truhe aus dem Jahr 1572 ist mit der Inschrift «Hans Gyder Landfoggt deLenzebvrg und min Wib Adelheide von Greyerz z Bern» versehen. Weitere Informationen zum Objekt liessen sich im alten Museumskatalog und in der Datenbank nicht finden. 

Zugegeben, etwas mager. Es waren weitere Recherchen nötig. Zur Truhe selbst liess sich kaum etwas herausfinden, wohl aber zu ihrem Besitzer und dem verhängnisvollen Jahr 1572.

Historischer Kontext

Im 16. Jahrhundert war die Lage in Europa angespannt. Reformierte und Katholiken hatten, wie man sagt, das Heu nicht auf derselben Bühne. Im Entstehungsjahr der Truhe gab eine geplante Hochzeit in Frankreich Anlass zur Hoffnung. Denn der hugenottische und somit reformierte Heinrich von Navarra sollte die katholische Margarete, Schwester des französischen Königs Karl IX, heiraten und damit zur Versöhnung der beiden Religionsparteien in Frankreich beitragen. 

Der Anlass sollte als «Pariser Bluthochzeit» oder Bartholomäusnacht in die Geschichtsbücher eingehen. Tausende Hugenotten, darunter fast alle protestantischen Hochzeitsgäste, wurden an diesem und den folgenden Tagen in ganz Frankreich ermordet. Die Nachricht löste im reformierten Bern Bestürzung aus – und Misstrauen gegenüber der katholischen Innerschweiz. 

Hier kam der Landvogt Hans Gyder ins Spiel. Er wurde beauftragt, Späher in die Innerschweiz zu schicken, um herauszufinden, wie die Lokalbevölkerung zur Bluttat im Nachbarland stand. 

Aus seinem Bericht vom 17. September 1572 an den Rat in Bern geht hervor, dass die Innerschweizer von den Morden gehört hatten, sich aber keineswegs über das Leid der Hugenotten freuten. Vielmehr waren sie der Meinung, dass ähnliche Taten in der Eidgenossenschaft verhindert werden sollten. Offenbar fürchtete die Bevölkerung auch hierzulande einen weiteren Krieg. Zu einem solchen kam es glücklicherweise nicht. 

Welche Rolle die Truhe bei den Ereignissen von 1572 gespielt hat, ist nicht bekannt. Sicher könnte sie noch viel mehr berichten. Es zeigt sich, dass Museumsobjekte und ihre Geschichten wahre Schätze sind – das Museum eine Schatzkammer.

«Schatzkammer». Hier stellen Mitarbeitende des Museums Burghalde Lenzburg jeweils in der ersten Ausgabe des Monats spannende Geschichten und originelle Fundstücke vor.

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