Salzkorn: Geheimtipp
Wir haben ein Ferienhaus am Hallwilersee. Dort lernte ich schwimmen und knüpfte Freundschaften, die bis heute halten. Jahrelang verbrachten wir alle vier Sommerferienwochen am Wasser. Selbst die Katze nahmen wir jeweils mit.
Mein Grossvater hat das Land 1954 gekauft. Ich finde: ein kluger Schachzug. Andere finden: Wozu ein Ferienhaus, das nur 15 Minuten von daheim entfernt ist? Weil es dort ruhiger ist. Weil es Arbeit von Freizeit trennt. Darauf legte mein Grossvater wert. Er wohnte oberhalb der familieneigenen Druckerei, die damals diese Zeitung herausgab. Eventuell spielte es auch eine Rolle, dass meine Grossmutter in Tennwil aufgewachsen ist und darum einen engen Bezug zum Seetal hatte.
Ich verbringe in diesem Jahr zum 38. Mal den Sommer am See. Eine wahre Freude: Über all die Jahre wurde der See immer sauberer. Beim Hinausschwimmen hängt mittlerweile kein Seegras mehr an den Beinen, wie dies vor zwei Dekaden noch der Fall war. Als Kind traute ich mich deswegen manchmal kaum ins Wasser. Nun ist das anders. Der See wird seit Jahren belüftet, kein ungeklärtes Wasser fliesst mehr hinein. Künftig soll das Seewasser auch als Trinkwasser aufbereitet und genutzt werden. Es gibt sogar eine Art See-Wildhüter, die Ranger. Sie schauen, dass sich alle Besucher an die Regeln halten. Eine Aufgabe, die immer anspruchsvoller wird.
Ob es an Corona, der Tourismusförderung oder schlicht der steigenden Anzahl Bewohner im Einzugsgebiet liegt: Der See ist zur Massenveranstaltung geworden. Die Ruhe und Einsamkeit sucht man an einem sonnigen Wochenende vergebens. Das beginnt mit überfüllten Parkplätzen und endet mit lauten Brätelorgien auf seenahem Landwirtschaftsgebiet.
Es ist wie bei den Reiseführern: Wenn alle den Geheimtipp besuchen wollen, sollte man nicht überrascht sein, wenn man dort nicht allein ist. Wer seine Freizeit gerne in Gesellschaft verbringt, der besuche an einem sonnigen Wochenende den Hallwilersee.