Plädoyer für mehr ­europäische Sinnlichkeit

Literaturhaus Proeuropäische Signale aus Lenzburg: Die Schriftstellerin, Publizistin, Aktivistin, Europäerin und Weltbürgerin Priya Basil ist bis Mitte Juli Residenzgast im Literaturhaus.

«Fühle mich sehr willkommen in Lenzburg»: Die Schriftstellerin und Residenzgast Priya Basil im Garten des Müllerhauses. Foto: zvg
«Fühle mich sehr willkommen in Lenzburg»: Die Schriftstellerin und Residenzgast Priya Basil im Garten des Müllerhauses. Foto: zvg

Im Rahmen der Veranstaltungen des Aargauer Literaturhauses gibt Priya Basil Einblicke in ihr unglaubliches Leben, ihr Engagement und ihre Bücher, die einladen, einen Blick zu werfen in eine kosmopolitische Welt jenseits der eigenen Mauern.

Polyglott unterwegs

Das Leben von Priya Basil passt nicht zwischen zwei Buchdeckel: 1977 wurde Basil als Tochter indischstämmiger Einwanderer in London geboren und wuchs in Kenia auf. Sie besuchte ein Internat in der Nähe Londons und studierte englische Literatur an der Universität Bristol.

Seit 2002 lebt sie als freie Schriftstellerin in Berlin und bewegt sich mit neugieriger Selbstverständlichkeit zwischen Menschen, Kulturen und Geschmacksrichtungen dieser Welt.

Basil schreibt Sachbücher, Essays und Belletristik. Ihre Themen sind Identität, Migration, Kunst, Demokratie, Feminismus und Kolonialismus. Ausführlich schreibt sie über Europa und die EU und engagiert sich zivilgesellschaftlich für ein Europa mit gemeinsamen Werten wie Freizügigkeit und Gleichberechtigung. 2017 initiierte sie eine europaweite Kampagne für einen offiziellen europäischen Feiertag in allen Mitgliedsstaaten.

Humanismus am Küchentisch

Basil sieht und erlebt, dass die Frage nach der offenen Gesellschaft keine ist des «Ob», sondern des «Wie». Klug und erlebnishungrig überprüft sie in ihrem 2019 erschienenen Essay «Gastfreundschaft» die Prinzipien des Zusammenlebens. Denn: Humanistisches Denken und Handeln beginne am Küchentisch, da, wo es gelebt und mit Geschmack und Sinnlichkeit erlebt werde.

Die Grundlage für eine humane Gesellschaft ist für Basil die Gastfreundschaft. «Die Bereitschaft, immer offen zu bleiben, ist mein Verständnis von bedingungsloser Gastfreundschaft. Der Test ist, wie wir mit denen umgehen, die ohne Einladung kommen», so Basil im Interview der ZDF-Kultursendung «Aspekte» im April 2020.

Schwimmen im Hallwilersee

Bereits im Sommer 2019 besuchte Basil die 33. Impulstagung von GastroSuisse in Meisterschwanden. Dort war sie Referentin im Forum für Frauen im Gastgewerbe. Zurzeit residiert die Autorin noch bis zum 11. Juli im Müllerhaus Lenzburg. «Der Garten ist ein einziger Traum. Ein Ort, an dem man sich geschützt fühlt. Ich fühle mich sehr willkommen in Lenzburg», schwärmt Basil, die täglich im Hallwilersee schwimmt.

«Gastfreundschaft» bietet zeitgemässe und kluge Reflexionen in einer Zeit, in der Gesellschaften politisch gespalten sind, sogar die eigenen europäischen Nachbarn als Bedrohung erscheinen und die Angst vor dem eigenen Identitäts- und Souveränitätsverlust durch die «ewigen Gäste» den Diskurs in der Schweiz dominiert.

Fenster zum globalen Horizont

Basils Essay öffnet daher auch den Lesern in der Schweiz ein Fenster zum globalen Horizont eigener Handlungen und ermutigt, sich im Kleinen einzusetzen für humanistische Ziele abseits eigener Befindlichkeiten.

Basils Bücher nehmen Leser aller Nationen an die Hand und öffnen eine Türe zur Welt, hinter den eigenen Mauern. Hindurchgehen muss man aber selber.

Buchempfehlungen. Priya Basil, «Gastfreundschaft», aus dem Englischen von Beatrice Fabender, Insel-Verlag 2019, ISBN 978-3-458-19462-0. – Priya Basil, «Im Wir und Jetzt – Feministin werden», aus dem Englischen von Beatrice Fabender, Suhrkamp 2021, ISBN 978-3-518-47128-9.Internet: www.priyabasil.com.

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