LIFT und HPS: Erste Schritte auf dem Arbeitsmarkt
Potenzielle Fachkräfte Simon ist 16 Jahre alt und besucht die Heilpädagogische Schule (HPS) Lenzburg. Über das LIFT-Angebot kann er erste Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sammeln. Er arbeitet momentan mittwochs im «feines Kleines».
Wo würdest du am liebsten arbeiten?» «Auf einem Bauernhof.» «Aber gefällt dir die Arbeit im Restaurant?» «Ja.» «Bist du lieber am Arbeiten oder in der Schule?» «Am Arbeiten.» Der sechzehnjährige Simon ist kein Mann der grossen Worte. Das muss er auch nicht sein. Denn man merkt schnell, dass jedes Wort von ihm der Wahrheit entspricht. Qualität vor Quantität könnte man meinen.
Momentan serviert er. Die Arbeitsplatz-Koordinatorin Jacqueline Baumann und seine Chefin Doris Kohler sitzen an einem kleinen Tisch im «feines Kleines» in der Rathausgasse. «Simon macht das tipptopp», meint Doris Kohler. Er habe sich super entwickelt, ergänzt Jacqueline Baumann. Er begegnet den Komplimenten mit einem Lächeln. Mit Fleiss und Charme fragt er die Gäste nach ihren Wünschen und setzt sich dann schliesslich an denselben Tisch, um zu plaudern.
Ein junger Mann bei der Arbeit
Simon besucht die Heilpädagogische Schule in Lenzburg. Diese arbeitet mit LIFT zusammen. Das Jugendprojekt ist ein Integrations- und Präventionsprogramm, das genau dort ansetzt, wo die Volksschule auf die Berufsbildung trifft. In diesem Programm erhalten schulisch und sozial beeinträchtigte Jugendliche Unterstützung durch die Zusammenarbeit von Schulen, Schulbehörden, Eltern, Berufswahlfachpersonen und Wirtschaft. Ziel ist es, den Übergang ins Berufsleben nach der Schule zu erleichtern und den Jugendlichen neue Perspektiven zu bieten. Auf der Arbeit fühle er sich wohler als in der Schule, sagt er. Jeweils mittwochs arbeitet er im «feines Kleines» im Service, in der Küche und überall, wo Not am Mann ist. Sein Arbeitstag beginnt um 14 Uhr, immer mit demselben Ablauf. Erst wird allen Leuten hallo gesagt. Dann geht er in den Keller und nimmt sich der Entsorgung an. Alu, Glas und Kompost. «Er macht das schon alles allein», erzählt Doris Kohler. «Dann kommt er zurück und erkundigt sich nach weiterer Arbeit.» Diese variiere dann. «Er rüstet Gemüse, hilft im Service und bedient die Gäste. Manche Gäste erkundigen sich nach Simon. Sie freuen sich, wenn sie von ihm bedient werden.» Er komme gut bei den Leuten an. Alle haben Freude an ihm. Einzig beim Abpacken der Weihnachtsguetzli müsse sie ein wenig aufpassen. «Dort landet dann immer mal wieder ein Guetzli zu viel in seinem Mund anstatt im Säckli.» Simon grinst verschmitzt – aber verneint nicht. «Solange in allen Säckli am Ende neun Guetzli sind, ist das in Ordnung», sagt Doris Kohler dazu. «Ich arbeite am liebsten als Koch hier», berichtet er. Gemüse rüsten, Suppe rühren und natürlich probieren oder Lebensmittel abpacken gehören zu seinen Lieblingstätigkeiten.
Betrieb, HPS und Simon zufrieden
Nicht nur fachlich sei die Arbeit über LIFT in einem Betrieb gewinnbringend. Jacqueline Baumann berichtet von der persönlichen Entwicklung der Jugendlichen. Seit Februar ist Simon im Restaurant tätig. Sein Selbstvertrauen habe in dieser Zeit erheblich zugenommen. «Er spricht mittlerweile aktiv Gäste an und nimmt Bestellungen entgegen. Ausserdem erzählt er gerne Geschichten aus der Schule und von seinem Schulweg.» Für Jaqueline Baumann, die das Projekt leitet, ist es besonders wichtig, dass sowohl die Unternehmen als auch die Kinder gut betreut werden. «Wir hoffen, dass das Angebot die Runde macht. Dann kann Simon vielleicht doch noch bei einem Bauernhof eine Schnupperlehre machen.»
Beste Chancen für Kinder der HPS
Betriebe beklagen den Fachkräftemangel. Das biete auch Chancen, ist sich Jacqueline Baumann sicher. «Wenn Kanton und Betriebe nun an einem Strang ziehen, tun sich für Jugendliche einer HPS und Unternehmen neue Türen auf.» Sie meint ein konkretes Angebot im Kanton Aargau: die Praktische Ausbildung (PrA INSOS). Die PrA ist ein Berufsbildungsangebot für praktisch begabte Jugendliche mit einer Beeinträchtigung und verfügter SVA-/IV-Massnahme, die eine erstmalige berufliche Ausbildung abschliessen wollen. In der Berufsschule Scala absolvieren die Lernenden die Praktische Ausbildung im dualen Verfahren: Am Arbeitsplatz ihres Ausbildungsbetriebs erlernen sie die Berufspraxis. An einem Tag in der Woche besuchen sie die Berufsschule Scala und absolvieren dort den schulischen Teil ihrer Berufsbildung. Ein «Ertasten» für Betriebe, die keine Erfahrungen mit dieser Erstausbildung haben, lohnt sich daher über LIFT. «LIFT ist eine super Partnerin», berichtet Doris Kohler. Sie arbeitet schon seit Jahren mit LIFT und der HPS zusammen. «Das Jugendprogramm funktioniert praktisch ohne Bürokratie. Diese wird von LIFT selbst erledigt. Die Jugendlichen lernen etwas dazu und Betriebe kommen mit neuen Potenzialen in Kontakt.»