Helle Lichter und fröhlicher Gesang
Räbeliechtliumzug Aushöhlen, schnitzen, Kerze anzünden: Im November wurde in vielen Gemeinden der Region der traditionelle Räbeliechtliumzug durchgeführt – auch in Lenzburg.
Die Nächte werden länger, es wird früher dunkel. Der Wunsch nach Licht und Wärme macht sich breit: Kurz nach Halloween ist es jeweils Zeit für den alljährlichen Räbeliechtliumzug. Ein Highlight für Gross und Klein, der auf die besinnliche Weihnachtszeit einstimmt. Der Brauch stammt ursprünglich aus dem Mittelalter. Damals gehörte die Räbe, da günstig und sättigend, zu den Grundnahrungsmitteln. Um die Ernte zu feiern, schnitzte man daraus Laternen – die «Räbeliechtli» – und trug diese durch die Gassen.
Ein Brauch, der bis heute geblieben ist: Von kleinen Umzügen bis zum Grossevent gibt es unzählige solcher Lichtprozessionen in der Region.
Ich goh mit minere Laterne
Ein Meer voller kerzenerhellter Räben und Kinder, die stolz mit ihren Werken durch die Strassen ziehen: Kurz nach dem Einnachten machten sich an einem kühlen Dienstagabend Anfang November 202 Kinder der insgesamt zwölf Lenzburger Kindergärten mit ihren selbst geschnitzten Räben in Händen auf den Weg hinaus in die Nacht.
Angeführt vom Tambourenverein Lenzburg zogen die Kinder mit ihren strahlenden Räben durch die Gassen und begeisterten Lehrer, Eltern und die zahlreichen Zuschauer.
Nach dem Umzug durch die Gassen, Winkel und Strassen der Altstadt gaben die Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren auf dem Metzgplatz die klassischen Räbeliechtlilieder, gemeinsam mit der Musikschule Lenzburg, zum Besten. «Räbeliechtli, Räbeliechtli, wo gahsch hii? I dä dunkle Nacht ohni Schterneschii – da mues miis Liechtli sii» erklingt in der dunklen Nacht.
Das lange Üben der Lieder hat sich gelohnt, der musikalische Abschluss mit der Musikschule ist für die Kinder ein wunderschöner Moment.
Die singende Lichterschar löste Freude und Erstaunen aus. Die flimmernden Räben tauchten die Gassen in ein Meer aus Licht und Wärme – nicht nur eine schöne Tradition für die Kinder, sondern ein Anlass, der auch bei manchen Erwachsenen freudige Erinnerungen wachruft.
Primarklässler laufen nicht mehr mit
Früher liefen am Lenzburger Räbelichtliumzug auch die ersten und zweiten Klassen der Primarschule mit. Seit 2021 wird der Anlass nur noch von den Kindergartenkindern durchgeführt. «Aufgrund der steigenden Schülerzahlen werden gewissen Anlässe der Regionalschule organisatorisch fast eine Unmöglichkeit.
Um die schöne Stimmung und die Tradition weiterhin aufrechterhalten zu können, haben wir deshalb vor einem Jahr beschlossen, den Umzug in einem kleineren Rahmen durchzuführen. Die Primarschule führt neu in dieser Zeit eine Lesenacht durch», erklärt Sandra Wild, Schulleiterin Kindergarten.
Bevor die Kindergärtler mit ihren Räbeliechtli durch Lenzburg zogen, mussten Mütter und Väter tüchtig helfen.
Konzentrierte Stimmung im Kindergarten Mühlematt 1 im Angelrain-Schulhaus Lenzburg. Der Duft von Räben liegt in der Luft. An eckigen Tischen sitzen Kinder mit ihren Eltern, Grosseltern, Gotten oder Götti und hantieren seelenruhig und äusserst konzentriert mit Rüstmessern und Ausstechformen. Vor ihnen liegen violett-weisse Räben. Cécile Angliker hat lange weisse Kerzen in der Hand. Sie dienen später als Halterung und Lichtquelle. Die fünfjährige Emilia ist bereits fertig mit ihrem Räbeliechtli. Eine Krone und ein Herz sind darauf geschnitzt. Damit Emilia sieht, wie ihr Räbeliechtli später in der Dunkelheit leuchtet, zündet Cécile Angliker die Kerze kurz an. «Es gibt nichts Schöneres, als die stolzen Gesichter der Kinder zu sehen, wenn sie ihre kleinen Kunstwerke fertiggestellt haben», sagt sie. Seit zwölf Jahren unterrichtet die Sechzigjährige an der Regionalschule Lenzburg als Kindergartenlehrerin. Ein Pflaster habe sie beim Räbeliechtlischnitzen in all dieser Zeit nie gebraucht. Der Anlass sei eine schöne Tradition, der jedes Jahr aufs Neue Freude mache, so Angliker.