Geflüchtet aus der Ukraine, nun in Leutwil in Sicherheit

Leutwil Liudmyla Kovalchuk und Tetiana Ivanova sind zwei von rund 70000 Menschen, die aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet sind. In Leutwil fanden sie eine Bleibe.

«Wir sind dankbar für die Aufnahme»: Die Ukrainerinnen Liudmyla Kovalchuk und Tetiana Ivanova in Leutwil. Foto: Alfred Gassmann
«Wir sind dankbar für die Aufnahme»: Die Ukrainerinnen Liudmyla Kovalchuk und Tetiana Ivanova in Leutwil. Foto: Alfred Gassmann

In der Ukraine, vor allem in der Ostukraine, herrscht seit dem 24. Februar 2022 Krieg mit verheerenden Folgen. Familien wurden auseinandergerissen, Tausende von Soldaten und rund 7000 zivile Leute sind schon gestorben, Wohnhäuser und Infrastrukturanlagen werden bombardiert, es wird vergewaltigt, gefoltert und geplündert.

Knapp dem Tod entronnen

Liudmyla Kovalchuk könnte bereits tot sein. Denn am 1. Dezember 2022 schlug vor dem Verwaltungsgebäude für die Wasserversorgung in Cherson eine Rakete ein und tötete ihre zwei Arbeitskollegen. Liudmyla blieb verschont, weil sie noch im Gebäude war. Sie rannte hinaus; da wurde auch noch das ganze Bürogebäude von einer Rakete zerstört. Immer wieder heulen Sirenen und zu hören sind Granaten, die einschlagen.

Die Bewohner von Cherson leben wie jene von vielen anderen Städten und Dörfern in Angst und Schrecken. Mittendrin die betagten Eltern von Liudmyla, die von Nachbarn unterstützt werden. Die Tochter Sofia ist 19 Jahre alt und studiert Sportmanagement.

Liudmyla selbst flüchtete in einem Bahnwagen nach Kiew. Verständlich, dass sich der Abschied von den Eltern emotional, ja herzzerreissend gestaltete. Einander letztmals in den Armen?

Entzweigerissene Familie

Tetiana Ivanova ist ausgebildete Ökonomin, 46 Jahre alt und lebte in Odessa. Sie ist in der Ukraine geboren, ihre Kinder in Russland. Der Vater stammt aus Russland und verstarb 2020.

Tetiana wollte nichts ahnend noch vor Ausbruch des Krieges nach Kaluga reisen, wo sie bis 2019 gelebt hat, und ihre Eltern besuchen. Doch zurück in die Ukraine konnte sie mit dem ukrainischen Pass nicht mehr und ihre Kinder können mit dem russischen Pass nicht aus der Ukraine ausreisen.

«Aus russischer Sicht gelte ich als Verräterin, weil ich einen ukrainischen Pass besitze», hält Tetiana fest. Ein Beispiel, wie Familien entzweigerissen werden.

Zusammentreffen in Zürich

Tetiana wollte nach Prag, um zu arbeiten. Sie erreichte die Goldene Stadt in einem Bus am 7. März 2022. Sie fand dort keine Perspektive, wie sie wieder mit ihren Kindern vereint werden könnte.

Sie erfuhr von der Hoffnung, dass in der Schweiz die Möglichkeit besteht, die Kinder nachzuholen. Nach zehn Monaten flüchtete sie in einem Bus nach Zürich. Mitnehmen konnte sie einzig einen Rucksack und eine Handtasche.

In Zürich lernte sie im Auffanglager beim Warten Liudmyla Kovalchuk kennen, die in einem Bus zwei Tage später von Kiew her eintraf.

Hoffen auf Ende des Krieges

Welche Vorsehung oder welche Fügung: Liudmyla und Tetiana verstanden sich immer besser, kamen einander mit den Herzen immer näher und fühlen sich in der Schweiz spürbar in Sicherheit und ein gewisses Stück erleichtert.

Im Dorfkern von Leutwil wohnt eine gute Seele. Sie hat schon immer ein offenes Herz gehabt für den Nächsten und so deponierte sie ihre Bereitschaft, eine geflüchtete Einzelperson privat in ihr grosses Haus aufzunehmen. Ihr wurde Tetiana zugeteilt. Als sich Liudmyla meldete und bat, bei Tetiana wohnen zu dürfen, wurde ihre Bitte nicht ausgeschlagen. Die drei Frauen verstehen sich gut und leben einen recht strukturierten Alltag: Deutsch lernen, viel Bewegung an der frischen Luft, alle drei besuchen gerne Gottesdienste und unternehmen kleine Ausflüge.

Und da ist noch das Handy. Sowohl Liudmyla als auch Tetiana nutzen es dankbar für Kontakte mit den Zurückgebliebenen.

Die Geflüchteten finden die Schweiz ein schönes Land mit sehr freundlichen, sympathischen, gastfreundlichen und hilfsbereiten Menschen. «Wir sind sehr froh, dass wir in die Schweiz gekommen sind, und zeigen uns ausserordentlich dankbar für die Aufnahme.» Doch die beiden Frauen erhoffen sich nichts sehnlicher als ein Ende des Krieges.

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