Ein fulminantes Konzert im Zeichen des Barocks

Seengen Vergangenen Samstagabend verwandelte sich der Musiksaal Polifonia in Seengen in eine Bühne für eine aussergewöhnliche Darbietung barocker Musik. Susanne Geist und Tizian Naef liessen die Zuhörer tief in die Klangwelten des 17. und 18. Jahrhunderts eintauchen.

Tizian Naef und Susanne Geist präsentierten Klangwelten des Barocks.Foto: Alexander Ponet

Sowohl die Blockflöte wie auch das Cembalo sind Instrumente, die man entweder nicht wirklich kennt oder zumindest nicht in einem professionellen Konzert vermuten würde. Geist und Naef spielen Musik aus einer Zeit, in der dies ganz anders war: Im Barock waren die beide Instrumente regelrechte Stars auf den Konzertbühnen, und es wurde Musik geschrieben, die deren Charakter und Brillanz besonders gut zum Klingen bringt.

Musikalische Grand Tour durch das barocke Europa

Ganz im Sinne einer «Grand Tour» – der Bildungs- und Vergnügungsreise adeliger Sprösslinge des 18. Jahrhunderts – gestalteten Geist und Naef ihr Programm. In der ersten Sonate des Abends, G. P. Telemann, fanden sich neben Einflüssen des «gediegenen» deutschen Hochbarocks auch «barbarisch» inspirierte Elemente der polnischen Volksmusik. J. S. Bach zeigt einen ganz anderen Zugang zur Musik. Von seinen Zeitgenossen wurde er als «veraltet» und «vergeistigt» kritisiert. Trotzdem gehören seine Sonaten für Flöte und Cembalo mittlerweile zu den Meilensteinen barocker Kammermusik. Geist und Naef präsentierten dem Publikum dieses fulminante Gemisch aus intellektueller Strenge, tänzerischem Musikantentum und emotionaler Tiefe.

Von Deutschland führte die Reise weiter an den französischen Hof unter Louis XV und in die Epoche der beginnenden Aufklärung. In einer Flötensonate von Philidor zeigten Geist und Naef die Vermischung althergebrachter höfischer Tänze mit intimer Komplexität, experimenteller Rhythmik und italienisch inspirierten schnellen Sätzen.

Die Reise endete in Italien, einem Sehnsuchtsort vieler Reisender. Die überbordende Fülle des Barocks lässt sich nirgendwo besser spüren als in der Musik aus dem quirligen und lauten Neapel.

Zwischen historischer Aufführungspraxis und Freude am Musizieren

Sowohl Susanne Geist als auch Tizian Naef studierten an der renommierten Schola Cantorum in Basel und widmeten sich dort intensiv der historischen Aufführungspraxis und der Barockmusik. Ihre künstlerische Zusammenarbeit begann jedoch erst mit ihrer gemeinsamen Lehrtätigkeit an der Kreismusikschule Seetal. Im Konzert zeigten sie die Früchte dieser Zusammenarbeit und schlugen eine Brücke zwischen wissenschaftlicher Fundierung und purer Spielfreude. Susanne Geist bewies mit technischer Virtuosität und klanglicher Brillanz eindrucksvoll, dass die Blockflöte ein vollwertiges Mitglied der barocken Instrumentenfamilie ist. Ebenso virtuos und mit tief empfundener Musik präsentierte sich Tizian Naef. Er spielte auf seiner selbst gebauten Kopie eines historischen Instruments von 1672, welche durch ihren runden, gesanglichen Charakter überzeugte.

Kulturreihe «Polifonia Kultur»: Musik auf hohem Niveau

Die Konzertreihe «Polifonia Kultur» wurde ins Leben gerufen, um den Lehrpersonen der KMS Seetal im neuen Musiksaal Polifonia in Seengen professionelle Auftrittsmöglichkeiten zu ermöglichen. Gleichzeitig möchten die Verantwortlichen das regionale Publikum mit hochkarätigen Veranstaltungen begeistern. Dieses Konzert war ein herausragendes Beispiel für das hohe Niveau und die angestrebte kulturelle Bereicherung. Das Publikum konnte einen Abend voller musikalischer Virtuosität und historischer Tiefe erleben, der sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird.

(Marina Geissbühler/rfb)

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