Stille Bedrohung mit sechs Beinen: die Asiatische Hornisse im Anflug
Bezirk Lenzburg Sie ist kaum grösser als eine Wespe, aber für Honig- und Wildbienen hochgefährlich: Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) ist auf dem Vormarsch. Seit sie 2022 erstmals im Aargau gesichtet wurde, nimmt ihre Präsenz rasant zu – mit dramatischen Folgen für die Insektenvielfalt.
Ihren Ursprung hat die Asiatische Hornisse in Südostasien. 2004 gelangte sie über eine Tonwarenlieferung nach Frankreich und breitete sich von dort schrittweise über Europa aus. In der Schweiz wurde sie 2017 erstmals in der Westschweiz nachgewiesen, fünf Jahre später auch im Aargau.
Im Bezirk Lenzburg wurde 2023 ein Nest in Leutwil entfernt. Auch in Birrwil wurden Einzeltier-Sichtungen gemeldet, die auf dasselbe Nest zurückgeführt werden konnten. Seither blieb die Region von neuen Funden verschont – im laufenden Jahr sind bis Anfang Mai keine neuen Meldungen eingegangen.
Einzelsichtungen nehmen zu
Im ersten Jahr nach ihrer Entdeckung im Aargau blieb die Ausbreitung noch überschaubar. Doch bereits 2023 häuften sich die Meldungen: Mehr als 20 Einzelsichtungen wurden bestätigt, hinzu kamen mehrere Sekundärnester. Ein Jahr später, 2024, stieg die Zahl der gemeldeten Hornissen deutlich an.
Über 60 Einzeltiere wurden beobachtet, und es kamen sowohl ein Primärnest als auch 14 Sekundärnester dazu. Auch 2025 zeichnet sich bereits jetzt ein aktives Hornissenjahr ab: Schon in den ersten vier Monaten wurde ein weiteres Primärnest gemeldet, dazu erneut mehrere Einzeltierfunde. Der Trend ist klar: Die invasive Art breitet sich weiter aus – nicht nur im ländlichen Raum, sondern zunehmend auch in Siedlungsgebieten.
Warum die Hornisse so gefährlich ist
Die Asiatische Hornisse jagt einheimische Insekten – vor allem Bienen –, um ihre Larven zu füttern. Gerade Honigbienen geraten dabei ins Visier: Die Hornissen patrouillieren vor den Fluglöchern der Bienenstöcke und attackieren zurückkehrende Sammlerinnen. Die Folgen sind dramatisch – für die Imkerei ebenso wie für die landwirtschaftliche Bestäubung. Doch auch die Biodiversität leidet, denn die Räuberin macht keinen Unterschied zwischen Bienen, Schwebfliegen oder Schmetterlingen. Zusätzlich wird die Asiatische Hornisse zunehmend auch für den Obst- und Weinbau zum Problem: Die adulten Tiere ernähren sich von zuckerhaltiger Nahrung und machen sich ab Spätsommer über reife Früchte her.
Jetzt ist Nest-Saison
Im Frühling beginnen die Königinnen mit dem Bau ihrer ersten Nester. Diese sogenannten Primärnester entstehen an geschützten Orten wie Vordächern, Unterständen oder in Hecken und Sträuchern. Sie sind klein, rundlich und leicht zu übersehen.
Doch gerade jetzt ist es entscheidend, aufmerksam zu sein: Werden die Primärnester früh erkannt, können sie noch relativ einfach und kostengünstig entfernt werden – bevor das Hornissenvolk in ein deutlich grösseres Sekundärnest in luftiger Höhe umzieht. Diese Sekundärnester befinden sich meist in Baumkronen, oft bis zu 40 Meter hoch, und ihre Entfernung ist aufwendig und teuer.
Wer ein verdächtiges Nest oder eine ungewöhnlich dunkle, etwa 2,5 cm grosse Hornisse mit gelben Beinspitzen sieht, sollte ein Foto machen und die Sichtung auf der Plattform www.asiatischehornisse.ch melden. Die Verifizierung erfolgt durch Fachstellen, und bei einem bestätigten Fund beauftragt der Kanton die professionelle Entfernung des Nestes. Wichtig ist: Auf keinen Fall darf ein Nest in Eigenregie entfernt oder gestört werden. Die Asiatische Hornisse verteidigt ihr Zuhause vehement, und unsachgemässe Bekämpfungsversuche sind gefährlich.
Besonders wachsam sind die Imkerinnen und Imker im Aargau, die an ihren Bienenständen oft als Erste auf die invasive Art aufmerksam werden. In den vergangenen zwei Jahren haben sie einen grossen Beitrag zur Nestersuche geleistet. Der Kanton unterstützt sie mit Schulungen und Material. Die Kosten für die professionelle Entfernung eines Nestes trägt der Kanton – egal ob im Privatgarten, auf öffentlichem Grund oder in der Landwirtschaft. Der Bezirk Lenzburg ist bislang nur am Rand von der Ausbreitung der Asiatischen Hornisse betroffen.
Doch die Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen: Das kann sich rasch ändern. Wer ein verdächtiges Nest meldet, leistet einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung dieser invasiven Art – und zum Schutz der einheimischen Insekten, der Landwirtschaft und unserer Biodiversität.