Überraschende Fragen stellen

Tinu Niederhauser

Als Kinder haben wir neugierig die Welt entdeckt, indem wir wichtige Fragen stellten: Warum ist der Himmel blau? Warum sterben Menschen und Tiere? Warum müssen die Hausaufgaben zuerst gemacht werden? Diese Fragen halfen uns, unser Weltbild zu formen und täglich Neues zu lernen.

Und heute? Stellen wir immer noch Fragen, die uns und andere weiterbringen? Seit zwanzig Jahren arbeite ich als Coach daran, bessere Fragen zu entwickeln — Fragen, die anregen, provozieren, ermutigen oder überraschen. Diese müssen stets auf die individuellen Möglichkeiten und Bedürfnisse meiner Klienten abgestimmt sein. Doch das ist oft herausfordernd. Selbst wenn ich glaube, auf dem richtigen Weg zu sein, ertappe ich mich dabei, dass meine Fragen manchmal noch zu stark von meiner Vorstellung einer «guten» Lösung geprägt sind und weniger von der Offenheit für die Handlungsoptionen meiner Coachees. Manchmal versteckt sich hinter einer Frage ein verkappter Ratschlag, subtil und suggestiv: «Wäre es nicht auch eine gute Möglichkeit, das Problem grundsätzlicher anzugehen, nämlich …?»

Manchmal «verliebe» ich mich temporär in eine Frage. Eine meiner Lieblingsfragen lautet: «Was könntest du tun, um das Problem noch schlimmer zu machen, damit es so richtig eskaliert?» Meine Coachees werden dabei oft sehr kreativ und wissen genau, was sie tun müssten, damit die Sache aus dem Ruder läuft. Dieses Gedankenspiel hat etwas Heilsames: Die Menschen lachen über ihre wilden Fantasien und gewinnen so neue Perspektiven auf ihre aktuelle Situation. Wenn sie dann mit derselben Kreativität an die Lösung ihrer Probleme herangehen, ist ein erster, wichtiger Schritt getan.

Hand aufs Herz: Sind Sie neugierig beim Fragen? Welche sind Ihre Lieblingsfragen? Und wann haben Sie das letzte Mal über sich selbst gelacht, während Sie fragten?

Tinu Niederhauser, Kommunikationsexperte

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