Tradition
Es war wie immer. Es begann mit einem Rundgang durchs Dorf. Am Freitagabend, mit dem Zapfenstreich der Musikgesellschaft, wurden die Jugendfestbogen abmarschiert. Immer wieder eindrücklich, wie kreativ in den Quartieren das Motto umgesetzt wurde. Diesmal war’s mit «AllesAusserGewöhnlich» nicht schwierig; da hat alles Platz.
Für viele Einwohner gehört die intensive Vorbereitung in den Ortsteilen, in den Vereinen und Gruppen zu den nachhaltigsten und prägendsten Jugendfesterinnerungen. Hier lernt man seine Nachbarn und Mitbewohner von einer ganz andern Seite kennen; Vorbehalte und Standesdünkel machen Gemeinsinn und Verschworenheit Platz, die sonst nie zum Tragen kämen. Und das Schönste? Diese Erkenntnis hat sich nahezu uneingeschränkt ins Digitalzeitalter hinübergerettet.
Diesmal war das Jugendfest vom Freischarenmanöver geprägt, das nur bei jeder zweiten Austragung, also alle acht Jahre, zur Darbietung gelangt. Falsch verstandener Zeitgeist hat dazu geführt, dass neben Lenzburg und Zofingen nur noch Seengen diesen Brauch pflegt. Geschichtsbewussten Leuten ist dies zu verdanken; das total zwölfte Manöver seit der Premiere im Jahr 1867 war das vierte im neuen Rhythmus.
In der organisierenden Kommission wird ein Generationenwechsel vollzogen. Mit den üblichen kleinen Reibereien. Das zahlreiche Publikum bekam davon nichts mit. Dass das Freilichtspektakel von einigen Regentropfen betroffen wurde, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass sich General El Capitano Fabiano Postale del Lago Hermano neben der Freischarenburg eine Schiffsanlegestelle errichten liess.
Dass ein Dorf mit 4400 Einwohnern 165 Kadetten rekrutieren kann (nur unwesentlich weniger als das grosse Lenzburg), zeugt von der moralischen Gesundheit der örtlichen Gemeinschaft. Die Tradition lebt, die Tradition erfreut.
Fritz Thut,
ehemaliger Redaktionsleiter