Plaudern

Beatrice Strässle

Immer mal wieder rauscht durch den Blätterwald die Nachricht von der 10-Millionen-Schweiz. Das erschreckt viele, und man möchte diesem Szenario Einhalt gebieten. Jedoch: Führt da überhaupt ein Weg vorbei?

Nach den Wahlen müssen die einen oder anderen Parteien in Pflicht genommen werden und Lösungsansätze präsentieren. Das ist schwierig, meiner Meinung nach schier unmöglich. Und obwohl die Schweiz irgendwann einmal fast überquillt, gibt es auf der anderen Seite auch immer wieder die Einsamen. Die, welche keine Ansprechpartner haben. Still – ja stumm – und allein gehen sie durchs Leben. Ganz viel früher war die Zugfahrt noch eine Möglichkeit, ein Gespräch mit dem Gegenüber zu führen. Doch die Stöpsel im Ohr und den Blick starr aufs Handy gerichtet, das verhindert jegliche Kommunikation. Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass ein Supermarkt in der Schweiz für einsame Menschen eine Plauderkasse einführen möchte. Eine gute Idee. Wobei, ob da eine Kasse genügt?

Wir haben hier in den Supermercati nur Plauderkassen. Nicht, dass diese speziell ins Einkaufsleben gerufen wurden. Nein, es wird halt gerne viel geplaudert. Ob man sich kennt oder nicht. Wobei mich manchmal das Gefühl beschleicht, dass sich im über 20 000-Seelen-Dorf Acqui Terme jeder kennt. Natürlich gehöre ich mittlerweile auch dazu, schliesslich bin ich während der Saison fast jeden Tag im Supermercato anzutreffen. Man weiss inzwischen, dass man mit der Dame mit zwei Einkäufen – das ist eine andere Geschichte – etwas langsam reden muss. Aber sonst klappt die Kommunikation vorzüglich. Sehr zuvorkommend war vor kurzem eine Kassierin, welche sich nach dem Einkauf meines «Vorgängers» noch um seine nicht funktionierende App auf dem Natel gekümmert hat. Ein entschuldigendes Achselzucken in meine Richtung, ein verständnisvolles Nicken zurück.

Kurze Zeit später konnte auch ich zum Plaudern übergehen.

Beatrice Strässle,

Montabone/Provinz Asti

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