Lenzburg persönlich
Über mehrere Jahre hinweg hatte ich die Freude, im Müllerhaus das beliebte Format «Lenzburg persönlich» zu moderieren. Zwei Gäste, eine Stunde Gespräch, das Thema stets offen. Immer wieder durfte ich dabei wahre Sternstunden der Überraschung erleben. Obwohl ich im Vorgespräch gemeinsam mit den Gästen passende Themen auswählte, entstanden in der Livesituation vor Publikum immer wieder unvorhersehbare, humorvolle oder ausgesprochen berührende Momente. Oft wurde ich gefragt: «Wie schaffst du das?»
Meine Standardantwort lautet: «Ich mache gar nichts, ich stelle nur den Raum zur Verfügung – die Gäste erzählen die Geschichten.» Ganz stimmt das natürlich nicht. Was ich mitbringe und in diesem Moment zur Verfügung stelle, ist Neugier und echtes Interesse am Menschen. Genau das ist es, was wir alle jederzeit tun können: uns für unser Gegenüber interessieren. Wir könnten uns beispielsweise fragen: Warum habe ich meinen Nachbarn schon lange nicht mehr gesehen? Was oder wer steckt hinter dem Geheimnis dieses verwunschenen Gartens? Oder wie schafft es die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, ihr Leben und das ihrer Kinder auf die Reihe zu bekommen?
Aber auch uns selbst können wir befragen: Was bin ich bereit, meinem Umfeld, meinen Nachbarn von mir preiszugeben? Was wähle ich aus, was erzähle ich ganz bewusst nicht? Noch viel wichtiger: Will ich überhaupt wissen, wie es den Menschen um mich herum geht, oder bin ich vor allem mit mir selbst beschäftigt?
Wenn wir den Mut aufbringen, uns wirklich für unsere Mitmenschen zu interessieren, öffnen wir Türen zu neuen Perspektiven und Erkenntnissen. Vielleicht entdecken wir dabei Geschichten, die unser eigenes Leben bereichern – und uns ein bisschen mehr miteinander verbinden? – Lenzburg persönlich eben.
Tinu Niederhauser, Kommunikationsexperte