Flagge zeigen!

Tinu Niederhauser

Gross, kräftig und wohlgenährt prangt der Berner Bär am frisch renovierten Bernerhaus auf dem Schlosshügel. Dieses Wappen erfreut mein Berner Herz. Da, wo ein Bär drauf ist, muss auch ein Bär drin sein. Dieses kräftige Tier steht für die ursprüngliche Kraft und politische Potenz meines Herkunftskantons, auch wenn ich mir der Geschichte bewusst und alles andere als stolz bin auf die Phase der politischen Grossmachtsfantasien des alten Berns.

Flaggen sind immer auch ein Symbol der Macht, sie markieren ein Hoheitsgebiet und damit auch einen klaren Besitzanspruch. Sie stehen zudem oft auch für eine Gesinnung. Und da wird es schwierig. Die Nähe zu nationalistischen Kreisen, in ihrem Denken und Handeln konsequent rückwärtsgerichtet, die alten Zeiten glorifizierend, will ich – und viele andere –tunlichst vermeiden.

Darum haben viele Schweizerinnen und Schweizer ein sehr ambivalentes Verhältnis zu unserer Flagge. Wer viel im Ausland reist, musste zudem lernen, seine Herkunft nicht mehr gleich beim ersten Gespräch zu erwähnen. Wo früher die Reaktionen auf unsere geografische Herkunft meist erfreut oder positiv waren, müssen wir heute für das Verhalten unseres Staats immer mehr Kritik entgegennehmen. Aktuell stösst unsere eigenartige Definition von Neutralität international immer mehr auf Unverständnis und wird auch national mit der Neutralitätsinitiative verstärkt diskutiert. Sanktionen gegen Russland werden nur sehr lasch umgesetzt, dringende Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt. Der Begriff der Schweiz als Rosinenpickerin fällt in diesem Zusammenhang oft.

Das ärgert mich und verletzt meine Liebe zur Schweiz. Dieses Land ist ein Erfolgsmodell, eine gut funktionierende Demokratie, die Erstaunliches erreicht hat. Dafür haben unsere Vorfahren hart gearbeitet und in vielen Auseinandersetzungen einen hohen Preis bezahlt. Seien wir uns dessen bewusst und handeln darum konsequent mutig und zukunftsgerichtet. Zeigen wir selbstbewusst unsere Flagge!Tinu Niederhauser

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