Firmenführung vom Rollstuhl aus: Realität ALS

Schafisheim Die Kilian Friederich GmbH in Schafisheim ist ein Name mit Gewicht. Doch der Gründer und Firmenchef lebt mit einer unheilbaren Krankheit und muss darum seine Firma abgeben.

Gabriela und Kilian Friederich haben das gemeinsame Lachen nie verlernt.Foto: zvg

Kilian Friederich lebt seit vier Jahren mit der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Das ist eine unheilbare Erkrankung der Nervenzellen. Die Muskeln bauen sich laufend ab. Sein grosser Wunsch ist es, das Unternehmen an einen fähigen Nachfolger übergeben zu können. Seine Frau Gabriela unterstützt den mittlerweile an den Rollstuhl gebundenen Dachdecker. «Die Krankheit haben wir gemeinsam», erklärt die dreifache Mutter. «Ich bin so stolz, dass Gabriela meine Frau ist», meint er. «Sie managt meine Krankheit und ich die Firma.» Ein perfektes Gespann. Bis zuletzt.

Vom Metzger zum Unternehmer

Die erste Ausbildung von Kilian Friederich war Metzger. Das sollte aber nicht sein einziger Berufsweg werden. Tätig in verschiedenen Bauberufen fand er schlussendlich seine Berufung auf dem Dach und schloss 1992, mit 28 Jahren, seine zweite Ausbildung zum Dachdecker ab. Im Juni 1997 gründete er seine eigene Firma. «Ich war zum ersten Mal schwanger zur Firmengründung», erinnert sich Gabriela Friederich.

Das sollte nicht die letzte mutige Entscheidung Kilians sein. Ob Gabriela öfters leer schlucken musste, will die Redaktion wissen. «Nein, es hätte eh nichts gebracht. Wenn mein Mann etwas wollte, hat er es einfach gemacht. Und es hat ja auch immer funktioniert», erinnert sie sich und beide beginnen zu lachen. Das Abenteuer der Kilian Friederich GmbH begann also mit einem fleissigen Dachdecker, seiner schwangeren Frau und einem mintgrünen VW-Kastenwagen. Aus der jungen Familie wurde eine starke Institution. Aus dem ersten VW-Kastenwagen wurde ein Fuhrpark von mehreren Fahrzeugen und Kranen und die Firma hat inzwischen acht Angestellte. Die Kilian Friederich GmbH bietet ein Rundumangebot zum Thema Gebäudehülle und ist hoch erfolgreich. Die Karriere meinte es gut mit dem Ehepaar – die Gesundheit nicht.

Firmenführung vom Rollstuhl aus

Die Diagnose ALS bekam der Dachdecker im September 2019. Das erste Anzeichen trat im März des gleichen Jahres auf. «Ich ging spazieren mit meiner Tochter und bin plötzlich hingefallen», erinnert er sich. Er bemerkte, dass er seinen Fuss nicht mehr richtig anheben konnte. Nach mehreren Besuchen bei diversen Experten brachte die traurige Diagnose Gewissheit.

Kilian Friederich ist noch jeden Tag im Büro anzutreffen. Das gibt ihm die Energie, um den Alltag mit ALS auszuhalten. In letzter Zeit aber zeichnet es sich immer klarer ab, dass sich Kilian Friederich von seinem Unternehmen trennen muss – trotz vielen technischen Hilfsmitteln. Und das soll möglichst rasch geschehen. «Ich will meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin behilflich sein. Und meine Gesundheit wird leider nicht besser», erklärt er.

Sein Kundenstamm besteht aus über 4000 Adressen und Aufträge haben sie fast mehr, als sie stemmen können. Bei der Nachfolge sind die Friederichs offen. «Wir können verkaufen, einen Geschäftsführer einstellen oder Teil einer anderen Firma werden», sagen sie. Sie wünschen sich einfach, dass ihr Lebenswerk weitergeführt wird.

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