150 Jahre Familienbetrieb
Seengen Vor 150 Jahren gründete Ludwig Hächler seine Bäckerei in Seengen. Sein Ur-Ur-Enkel Daniel Hächler führt mittlerweile das Geschäft mit seiner Partnerin und feiert diesen März einen für viele andere Betriebe unerreichbaren Geburtstag.

1875 wurde Johan Jakob Scherrer Bundespräsident der Schweiz. Im Deutschen Kaiserreich trat ein neues Reichsgesetz in Kraft, das die obligatorische Eheschliessung vorschrieb und die Ehescheidung zuliess. In Wien wurde die Rohrpost für Telegramme und Eilbriefe in Betrieb genommen. Und im Seetal beschritt Ludwig Hächler einen Weg, dem seine Nachkommen bis heute folgen: die eigene Bäckerei. Heute, 150 Jahre später, steht noch immer ein Hächler in der Backstube: Daniel. Zwar steht die Bäckerei nicht mehr am gleichen Standort wie damals, doch weit umgezogen ist man nicht. Lediglich ein Haus weiter, an derselben Strasse. Auch sonst ist man den Werten und Visionen treu geblieben, erklärt Daniel Hächler. «Unser Credo ist Qualität statt Quantität.»
«Bäcker wollen backen und keine Maschinen bedienen»
«Das macht dann 4.70 Franken», «Ein St. Galler?», «Nein, so ein viereckiges», «Wie viele Canapés? Wann wollen sie sie holen?» Emsiges Treiben am Tresen, und auch das Tearoom ist ausgelastet. Die Bäckerei Hächler läuft gut. Das freut die Einheimischen, denn Bäckereien haben immer mehr Mühe, sich gegen grosse Player durchzusetzen. Auch Fachkräftemangel martert die Branche. Daniel Hächler setzt beim Sortiment auf Trends, beim Backen aber auf Altbewährtes. «Wir haben 50 Angestellte, circa 30 davon arbeiten Teilzeit. Wir sind kein Industriebetrieb. Unsere Angestellten wollen backen und keine Maschinen bedienen.» Was das heisst, erklärt der Backstubenmeister gleich selbst: «Wir schlagen noch Eier auf, lassen unsere Teige auf Holzbrettern ruhen. Wir gehen unserem Handwerk nach, wie man es gelernt haben sollte. Ohne Freude beim Arbeiten kann man es sein lassen.»
Sich den Kundenbedürfnissen anpassen
Zeiten ändern sich. Das Sortiment in der Bäckerei Hächler wird laufend angepasst. Alles kommt aus der eigenen Backstube – «ausser die Kuvertüre und die Verpackungen», meint Daniel Hächler mit einem Lächeln. In den vergangenen Jahren habe sich das Kaufverhalten stark verändert, wie er erklärt: «Man ist weg von grossen Torten und kauft lieber einzelne Stücke. Ebenfalls merken wir, dass Sandwiches viel beliebter sind als früher.» Zwei Klassiker haben sich aber über die Jahrzehnte bewährt. Einer ist unscheinbar: «Es ist das normale, alltägliche Gipfeli», meint der Bäcker. Der zweite Klassiker ist ein Festtagschmaus: «Unsere Vacherin-Glacé-Torte zur Weihnacht.»
Die Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse der Kundschaft und das Festhalten am Kunsthandwerk «Backen» trugen diesen Familienbetrieb durch die letzten 150 Jahre. Es scheint zu funktionieren.