Koexistenz, Veloförderung oder autofrei? – Verkehrsplanung im Fokus

Mobilität Die Grünen Lenzburg starteten mit ihrem ersten öffentlichen Anlass in die diesjährigen Einwohnerratswahlen. Beim Inputreferat zum Thema Verkehrswende oder Mobilitätswende wurden mögliche Ideen und konkrete Vorschläge aufgezeigt.

Prof. Carsten Hagedorn gab Einblicke in mögliche Mobilitätsszenarien für die Zukunft. Foto: DHu

Weil die Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor weiter ansteigen, rufen die Grünen zu einer Neuausrichtung der Verkehrspolitik und einem Wandel der Fortbewegungsgewohnheiten auf. Carsten Hagedorn, Professor für Verkehrsplanung an der Ostschweizer Fachhochschule, gab sein Wissen im Kramer Brocki & Secondhand weiter. Gemäss Sigrid Schärer, Grüne Einwohnerrätin, waren die Location und der Anlass «füreinander bestimmt».

«Ein Wandel auf Elektromobilität bedeutet noch keine Verkehrswende»

Vom Bahnhof aus starteten die parteiübergreifenden Anwesenden mit einem Spaziergang zum Brocki. Die Idee dahinter: das Basis-Verkehrsmittel «zu Fuss» nochmals bewusst für sich zu entdecken. Hagedorn startete sein Referat mit einer interaktiven Umfrage zum Thema Fussweg und entsprechenden Verbesserungsmöglichkeiten. Auch stellte er sich der Frage, was Mobilität und was Verkehr bedeutet. Er erklärte die 3V-Strategie der Verkehrsplanung: Nicht notwendiger Verkehr soll vermieden werden, der notwendige Verkehr soll auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert werden und der übrig gebliebene Verkehr soll verträglich abgewickelt werden. Denn der Bestand an Fahrzeugen in der Schweiz habe sich in den letzten Jahren auf 4,7 Mio. Autos erhöht. Man rechne mit 535 Personenwagen pro 1000 Einwohner in der Schweiz. In Lenzburg seien es weniger: 528 Personenwagen pro 1000 Einwohner. Auch der Motorisierungsgrad habe in Lenzburg gegenüber 2015 abgenommen.

Mögliche Ideen, Visionen und Ausblicke

Als Ansätze zur Mobilitätswende nannte Hagedorn die 15-Minuten-Gemeinde mit der Nahversorgung zu Fuss, durchgehende Velowege wie in den Niederlanden, E-Bike-City im Einbahnstrassenprinzip, E-Trotti als I-Phone der Mobilität, gratis ÖV, Mobility Pricing beispielsweise als Sparticket der SBB und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. «Man sieht: es gibt Möglichkeiten.» Jedoch seien einige Ansätze mit Vorbehalt zu geniessen und gerade beim E-Trotti sei der verkehrsplanerische Nutzen gering. Als weiteren Denkanstoss nannte Hagedorn schmale Fahrzeuge. Mit einer Autobreite von 1,40 Metern könnte neben den Autostrassen zusätzlicher Platz für breite Velowege und Grünflächen geschaffen werden. Die Idee stiess bei den Anwesenden auf Begeisterung, mit dem Wissen, dass eine Umsetzung nicht realistisch ist. Dafür sollen autonome Taxis bereits 2030 in die Schweiz kommen.

Bedeutung für Lenzburg

Barbara Portmann, Stadträtin GLP, fragte: «Was können wir Lenzburgerinnen und Lenzburger machen, um einen konkreten Schritt weiterzukommen?» Auf die Frage hin hob Hagedorn Lenzburgs Stärke hervor, dass vieles zu Fuss erreichbar ist. Die Fussverkehrsförderung sei auf gutem Weg. «Diese Qualität sollte ins Bewusstsein gerückt werden, denn mit dem Fussverkehr kann man mehr Menschen abholen als mit dem Velo.» Pilotversuche zur Veloförderung nannte er aber auch als Input. Man brauche eine Strategie, dürfe sich aber nicht hinter Konzepten verstecken. «Es muss immer wieder mutige Sachen geben, aber es ist ein langer Prozess», so Hagedorn.

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