Eine Institution wechselt den Besitzer: Dynastie Hauri verlässt den «Rebstock»
Seengen Nach zwei Generationen endet die Dynastie Hauri: Restaurant und Metzgerei Rebstock, eine weit über die Region hinaus bekannte Gastronomieikone, wird verkauft. Die Käufer versprechen, dass der Betrieb im gleichen Sinn weitergeht.
Nach exakt 801 Monaten endet Ende Juni 2022 die Ära Hauri im Gasthof Rebstock. Die aktuellen Inhaber, Hans-Peter Hauri und seine Schwestern mit Partnern, Irène und Erich Gloor-Hauri und Christine und Peter Bachmann-Hauri, haben sich entschlossen, den gut laufenden Betrieb zu verkaufen.
Die Gründe dafür stehen nicht mit der Pandemie in Zusammenhang: Da in der nächsten Generation niemand Interesse bekundet hatte, den Betrieb zu übernehmen, wurden in den letzten Monaten die Fühler nach einer externen Nachfolgelösung ausgestreckt. Hans-Peter Hauri, eben erst 60 Jahre alt geworden, macht auch eine gewisse Müdigkeit bei sich und dem ganzen Familienteam aus: «Die ewigen 14-Stunden-Tage hängen an.»
Personal wird übernommen
Das eigene, von den Eltern übernommene Verständnis eines Gastrobetriebs und der dadurch notwendige Einsatz haben an der Substanz gezehrt. Im «Rebstock» steht der Kunde immer im Zentrum, Gastfreundschaft ist oberstes Gebot. Die Küche brilliert mit solider Bodenständigkeit; die Gerichte mit Fleisch aus der eigenen Metzgerei haben zahlreiche Fans aus nah und fern. «Überdurchschnittliche Qualität zu vernünftigen Preisen» lautet die Devise. «Wir freuen uns über die vielen zufriedenen Gäste, die wir immer wieder bei uns begrüssen dürfen», so Christine Bachmann-Hauri.
Dieser in heutiger Zeit selten gelebte Geist soll weitergehen. Mit den beiden in der Region bestens bekannten Käufern Rolf Kasper (Gastronomie) und Philipp Gloor (Immobilien) hat man neue Besitzer gefunden, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und den Betrieb – mit neuen Kaderleuten – so weiterführen wollen, wie man ihn kennt.
Nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags am Dienstag dieser Woche wurden die Mitarbeitenden über den Schritt informiert. Das gut eingespielte Team soll beisammenbleiben. Die Käufer wollen das Personal vollständig übernehmen.
Rolf Kasper: «Wir treten hier ein grosses Erbe an»
«Rebstock»-Zukunft Die Käufer von Restaurant und Metzgerei Rebstock in Seengen sind in der Region keine Unbekannte. Rolf Kasper (Kasper Holding AG) und Philipp Gloor (Terrial AG) haben bereits bei der Wiederbelebung des benachbarten «Bären» zusammengespannt.
Gastrounternehmer Kasper, der gerne das Scheinwerferlicht seinen designierten Nachfolgern, den Neffen Manuel Fischer und Claudio Kasper, überlassen möchte, sieht in der Nähe zum nunmehrigen Aparthotel «Bären» samt «Bärenlounge» eine wichtige Motivation zum «Rebstock»-Kauf: «Ohne ‹Rebstock› würde es für den ‹Bären› problematisch.»
Kasper ist sich bewusst, dass er mit dem «Rebstock» nicht irgendein Restaurant erwirbt: «Der ‹Rebstock› ist eine Institution. Man kann sich Seengen ohne ihn gar nicht vorstellen.» Nicht zuletzt aus diesem Grund weiss der Käufer, auf was er sich da eingelassen hat: «Wir sind uns bewusst, dass wir hier ein grosses Erbe antreten.» Aufgrund der «guten Positionierung» des Betriebes planen die künftigen Besitzer keine grossen Änderungen. Die Gäste sollen sich im «Rebstock» weiterhin wohlfühlen und aus einem soliden Angebot an währschaften Speisen wählen können.
Zum Kasper-Imperium gehören aktuell bereits rund 20 Betriebe in Hotellerie und Gastronomie. Mit dem «Rebstock» ergibt sich jedoch eine Premiere: «Eine Metzgerei ist neu für uns.» Aber gerade davon verspricht sich Rolf Kasper zusätzliche «Synergien für die ganze Gruppe». Innerhalb des Gastronomie-Sektors der Kasper-Group wird der «Rebstock» zur Hallwilersee-Gruppe gehören, die aktuell in Seengen neben dem «Bären» auch den «Rügel» umfasst. Zudem in Beinwil am See das Seehotel Hallwil und bald auch das im Bau befindliche Aparthotel Widenmatt.
«Wir sind darauf angewiesen, das ‹Rebstock›-Personal übernehmen zu können», sagt Rolf Kasper – auf die durch die Covidkrise noch akzentuierte Personalkrise anspielend. Ersetzt werden müssen bis Mitte des nächsten Jahres die Hauris in Kader-Funktionen: «An der Front, also beim Chef de Service, und in der Küche gibt es neue Gesichter; wir sind schon in Verhandlungen.» Als grosse Gruppe hat man da die nötigen Kontakte und Möglichkeiten: «Für die Übernahme des ‹Rebstocks› sind wir deshalb der richtige Partner», so Kasper zusammenfassend. (tf)
Einst das «scharfe Eck»
Geschichte Bevor Hans und Lisette Hauri-Beeler 1955 den «Rebstock» kauften, hatte das Gebäude am Kreuzplatz eine wechselvolle Geschichte: Im Jahre 1856 von Ludwig Holliger anstelle eines alten Strohdachhauses errichtet, hiess das Lokal zuerst «Zum scharfen Eck». Zum Komplex gehörten in den folgenden Jahren eine Bäckerei, eine Kegelbahn, ein Theater- und Speisesaal und im Anbau eine Apotheke. Während einiger Monate wurde hier jene Buchdruckerei betrieben, die den «Seethaler» herausgab. Holligers Kampf um das besser gestellte Tavernenrecht dauerte wegen neidiger Mitbewerber lang und war erst 1880 von Erfolg gekrönt, als er das Recht vom «Schützen» übernehmen konnte. Jacques Steiner, Karl Riniker-Wirth, Eugen Kieser waren spätere Eigentümer, ehe 1907 Jean Hufschmid die Liegenschaft für 47000 Franken kaufte. (tf)