«Das Wasser schafft Verbindungen»
Seetal Vor 20 Jahren hat Ueli Suter aus Schongau den Seetaler Poesiesommer erschaffen. Heute macht dieses Festival der leisen Töne Literatur, Musik und bildende Kunst weit über die Schweizer Landesgrenzen hinaus erlebbar.

Wenn ich am Ufer des Hallwilersees stehe und das Spiel der Wellen betrachte, wenn ich vom Lindenberg aus auf das glitzernde Wasser hinunterschaue – diese Momente sind pure Poesie.» Dieser Inspiration wollte Ueli Suter einen Raum geben und organisierte im Jahr 2000 den ersten Seetaler Poesiesommer.
«Auf Schloss Hallwyl und Schloss Heidegg fanden die ersten Lesungen statt», erinnert Ueli Suter sich: «Am Anfang stand die Literatur aus allen Sprachregionen der Schweiz im Mittelpunkt und ich habe die entsprechenden Autoren angesprochen.» Doch schon bald hätten sich neue Kombinationen aus Worten, Klängen oder Farben ergeben. «Vertonte Gedichte, literarische Comics – und wir sind über die Schweiz hinausgewachsen, hatten Anlässe in Schweden und Italien.»
Anlässe in acht Ländern
In diesem Jahr sind acht Länder Teil des Poesiesommers: Finnland, Deutschland, Schweden, Italien, Österreich, Irland, England und die Schweiz. Das Alte Pfarrhaus in Fahrwangen gehört erstmals zu den Veranstaltungsorten. Es habe sich herausgestellt, dass dort mit Giovanni Andrea Scartazzini einer der bis heute wichtigsten Dante-Forscher Pfarrer gewesen war.
Auf die Frage, wie es zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit gekommen sei, antwortet Ueli Suter nicht sofort. Nach einem Moment des Nachdenkens sagt er: «Das Wasser schafft Verbindungen. Sei es, weil es für ein Land an sich bedeutend ist, wie das Meer für England oder die Seen für Finnland. Oder weil das Element selbst die Inspiration ist.» Ausserdem haben die Orte im Ausland mit der Schweiz zu tun – etwa Stockholm mit dem Schloss Hallwyl oder England mit der Seetaler Strohindustrie.
Und was wünscht sich der Veranstalter für die kommenden Jahre? Ueli Suter schmunzelt einen Augenblick: «Es wäre schön, wenn diesen 20 Jahren viele weitere folgen würden, wenn die Poesie ihren Raum behält und sich fortsetzt.»
Aargauer Höhepunkte im Seetaler Poesiesommer
Dienstag, 9. Juli. 15 Uhr, Schloss Hallwyl: Der in Samedan aufgewachsene Autor Gerald Hochschild (Kerns) schildert in seiner autobiografischen Erzählung «Ich suchte Gott und fand das Leben» die turbulente Suche nach seiner Mutter Natascha, die er nach Jahrzehnten in Schweden wiederfand.
Samstag, 13.Juli. 13 Uhr, Beinwil am See: Zum hundertsten Todestag Ferdinand Hodlers veröffentlichte der Genfer Schriftsteller Daniel de Roulet 2018 einen langen Brief, den Barbara Traber (Worb) unter dem Titel «Wenn die Nacht in Stücke fällt» auf Deutsch übersetzt hat und an dieser Lesung vorstellt.
Donnerstag, 1. August. 14 Uhr, Schloss Hallwyl: «Das Alphabet des Visuellen». Die Gottfried-Honegger-Lesung Nummer 11 mit Cornelia Hesse-Honegger am Nationalfeiertag verführt Gross und Klein dazu, Gottfried Honeggers Erfindung des Viseurs zu erproben und die «Urformen und Urfarben» in den Alltag zu integrieren.
Dienstag, 6. August. 13 Uhr, Schloss Hallwyl: Ausgewählte Gedichte des 89-jährigen Naturlyrikers Lennart Sjögren stellt Anna Schaffner in schwedischer und deutscher Sprache vor.
Samstag, 10. August. 16 Uhr, Fahrwangen, Altes Pfarrhaus: Im Kommentar zum Ersten Gesang der Göttlichen Komödie von Dante Alighieri schreibt Pfarrer Andrea Giovanni Scartazzini (†1901), bedeutendster Schweizer Dante-Forscher seiner Zeit: «Der Weg, auf den der Dichter sich begab, war nicht der richtige.» Scartazzini, gebürtiger Bergeller, verbrachte die letzten 17 Jahre seines Lebens als Pfarrer in Fahrwangen.
Sonntag, 11. August. 19 Uhr, Beinwil am See, 19 Uhr: «Durch die Augen eines Kindes» blickt Anna Hitz (Lenzburg) in ihrem neuen Gedichtzyklus auf die schwedische Natur. Die Lesung im Ruderboot auf dem Hallwilersee gibt der Ruhe Raum, in der die Gedichte entstanden sind. (lba)



