First Responder – wer und was dahintersteckt

Region Das First-Responder-System hat sich seit seinem Start am 1. Februar 2024 im Kanton Aargau bewährt. Zwei First Responder aus der Region geben einen Einblick in die Tätigkeit rund um die Erstversorgung im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstandes.

Die notwendigen Utensilien in der Tasche der First Responder.Foto: zvg

Mit basismedizinischen Massnahmen überbrücken First Responder die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Die Sanitätsnotrufzentrale 144 löst mit den Stichwörtern «bewusstlos» und «leblos» Alarme für First Responder aus. Rund 1200 Einsätze absolvierten First Responder im Aargau bisher. 145 Alarme wurden einzig im Bezirk Lenzburg ausgelöst. Als First Responder alarmierbar sind im Aargau knapp 1300 Personen – davon 137 im Bezirk Lenzburg.

App «First Responder Aargau»

In der App können First Responder festlegen, wann und wo sie für Alarmierungen zur Verfügung stehen möchten. Beim Standort können sie bestimmte Regionen erfassen oder die aktuelle Standortbestimmung zulassen. Die First Responder werden über die App alarmiert und haben dann die Möglichkeit, den Einsatz anzunehmen. Daraufhin weist das Alarmierungssystem den vier First Respondern, die näher am Einsatzort sind als der Rettungsdienst, den Einsatz mit den nötigen Details zu.

Allzeit bereit

Selion Shkenza, Chef Sanitätsabteilung Regio Feuerwehr Lenzburg, gehörte zu den Ersten, die nach dem Systemstart im Einsatz waren. Er erinnert sich noch gut an seine Einführung in Frick. Für die Einsätze bekamen die Ersthelfer eine Tasche mit bedruckter Weste, Kleiderschere, Handschuhen, Taschenmaske, Verbandsmaterial, Rettungsdecke, Hygienemasken und Desinfektionsmittel – welche Shkenza seither immer im Auto bereithält. Er sei zufrieden mit dem System – dass es eine super Sache sei, habe sich in anderen Kantonen bereits gezeigt. «Dies im Aargau zu starten, war ein wichtiger Schritt.» Untereinander funktioniere es an den Einsätzen einwandfrei, auch im Miteinander mit den Rettungskräften.

Vielschichtiger Aufgabenbereich

Laut Shkenza führe Leblosigkeit zu einer Reanimation. Diese durchzuführen, sei sehr anstrengend, weshalb man froh sei, wenn man sich untereinander ablösen könne. Bei Bewusstlosigkeit sei wichtig, den Patienten in die Seitenlage zu bringen und für genügend Wärme zu sorgen. «Was man oft vergisst, ist, dass nicht nur der Patient betroffen ist, sondern auch das Umfeld und die Angehörigen.» Diese zu begleiten und zu betreuen, sei offiziell nicht die Aufgabe der First Responder, trotzdem helfen viele auch in diesem Bereich. In der Sanitätsabteilung der Feuerwehr versuche Shkenza auch, psychische Notfallhilfe weiterzugeben und die Leute proaktiv zu sensibilisieren.

Emotionale Angelegenheit

First Responder wurde Selion Shkenza, weil ihn die Thematik fasziniere. Es sei ihm wichtig, nicht wegzuschauen. Obwohl es immer wieder erfolglose Reanimationen gebe, sei der Gedanke daran, es nicht wenigstens versucht zu haben, für ihn frustrierender. «Auch wenn viele sagen, dass sie mit der Situation klarkommen, empfehle ich jedem, ein Ritual einzuführen», so Shkenza. «Ich zünde zu Hause immer eine kleine Kerze an, um einen Einsatz abzuschliessen, bei dem es die Person nicht geschafft hat. Man erlebt viele Schicksalsschläge und merkt, wie unberechenbar das Leben ist.» First Responder zu sein, finde er super, man müsse sich aber bewusst sein, dass man viel miterlebt. Shkenza erwarte für seinen Einsatz keine Wertschätzung. Was er erwarte, sei, dass keine Schaulustigen den Einsatz behindern.

Er wies darauf hin, dass man mit Herzdruckmassage oder kleinen Gesten wie Seitenlage und Alarmierung das Leben einer Person im Positiven verändern könne. «Das kann jeder.» Auch wies er auf die Defikarte im Internet hin, wo die Standorte zugänglicher Defibrillatoren hinterlegt sind. Shkenza ergänzt: «Berührungsängste sind normal, Respekt ist wichtig, aber Alarmierung ist Pflicht.»

«Mit jeder Minute sinkt die Überlebenschance»

Patrick Stocker, Kommandant Stv. II und Chef Ausbildung Regio Feuerwehr Lenzburg, hatte bereits 87 App-Anfragen und war an 36 Einsätzen. First Responder sei er, weil er Menschen gerne helfe. Auch könne viel über Notfallmedizin gelernt werden und das Gelernte vom BLS-AED-SRC-Kurs eingesetzt werden. Zu der psychischen Belastung sagt er, dass es mit der Erfahrung immer besser gehen würde. Der erste Einsatz aber bleibe im Gedächtnis. «Tragische Schicksale, unschöne Bilder – da muss man sich Sorg geben.» Die Überlebenschance einer Person mit Herzstillstand sei leider gering. Mit jeder Minute, in der das Herz stillsteht, sinke die Chance. Gemäss Mitteilung vom Kanton Aargau dauert es durchschnittlich 5 Minuten und 49 Sekunden, bis der erste First Responder am Einsatzort eintrifft. Nach jedem Einsatz müsse laut Stocker ein Rapport ausgefüllt werden. Dieser sei dem Kanton zu retournieren mit den Angaben, was beim Einsatz gemacht wurde und ob dieser belastend war.

First Responder werden

Wer First Responder werden möchte, muss folgende Punkte erfüllen: Gültiges BLS-AED-SRC-Komplett-Zertifikat, Absolvierung der einmaligen First-Responder-Einführung, Besitz eines Smartphones mit installierter App gemäss Vorgaben, Mindestalter 18 Jahre, physische und psychische Belastbarkeit und Verfügbarkeit für First-Responder-Einsätze.

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